BILDANALYSE IN SOCIAL MEDIA Analysieren oder ignorieren? – Welche Erkenntnisse eine Analyse von Fotos in Social Media Beiträgen liefert
HERAUSFORDERUNG
Bilder sind immer häufiger zentrales Gestaltungselement von Social Media Beiträgen. Bisherige Social Media Content Analysen bezogen sich meist allerdings nur auf den zugehörigen Text. Die Aussage vieler Social Media Posts lässt sich aber vollständig nur im Zusammenhang von Bild und Text interpretieren und analysieren. Während es für Texte schon vielfältige erprobte und fortgeschrittene Auswertungsverfahren gibt, befindet sich maschinelle Analyse von Bildern noch in der Entwicklung und die manuelle Analyse erfordert einen hohen Ressourcenaufwand. Um sich dennoch diesem wichtigen Thema zu nähern, wurde die vorliegende Pilotstudie mit dem Titel „Was hätte die Marke verpasst, wenn sie nur im Text und nicht in den Bildern gesucht hätte” durchgeführt. In diesem Rahmen wurden am Beispiel der Kosmetikindustrie die Bildanalysemöglichkeiten getestet und gezeigt, welche zusätzlichen Erkenntnisse sich anhand einer Bildanalyse ableiten lassen.
SET-UP
Im ersten Teil der Studie suchte das Marktforschungsunternehmen Kantar TNS im Herbst 2017 über einen Zeitraum von knapp drei Monaten mithilfe von Talkwalker im Netz nach Fotos mit Logos von zwei verschiedenen Kosmetikmarken. Talkwalker ist eine Social Media Monitoring Plattform, welche Daten von Websites und sozialen Netzwerken in Text- oder Bildform auswertet und aggregiert. Mittels einer eigenentwickelten Technologie, welche auf künstlicher Intelligenz basiert, werden so auch Bilder gefunden, die im Text nicht die gesuchte Marke nennen. Für den ersten Teil der Analyse wurden ausschließlich Beiträge ausgewählt, auf denen die Marken im Foto abgebildet, aber nicht im Text erwähnt wurden („Logo-Suche“). Ziel war es herauszufinden, welche Beiträge und Informationen für die Marke verlorengegangen wären, wenn man nur den Text analysiert hätte.
Für den zweiten Teil der Studie wurden über eine neue Suchabfrage auf Instagram Beiträge ermittelt, die mindestens eine der beiden Kosmetikmarken im Text erwähnten und wenigstens ein Foto – mit oder ohne Markenlogos – enthielten („kombinierte Text-Foto-Suche“). In der Analyse sollte der Frage nachgegangen werden, ob die im Text erwähnten Marken und Produkte auch auf den Bildern zu sehen sind oder ob die Bilder eine ganz andere Geschichte erzählen als der Text.
ERGEBNISSE
Eine reine „Logo-Suche“ lohnt sich insbesondere für Marken, die Sponsoring betreiben. Im ersten Teil der Analyse wurden vor allem Fotos von Veranstaltungen und Events gefunden, bei denen die Kosmetikmarken als Sponsoren auftraten. Sei es die Abbildung des Logos auf einer Wand im Hintergrund eines Fotoshootings von Prominenten auf dem roten Teppich oder Selfies von einer Kosmetik-Messe, auf denen im Hintergrund Aufsteller mit den Logos zu erkennen sind. Begleitende Bilder zu Unternehmensnachrichten enthalten oft Produktabbildungen mit dem Markenlogo, während im Text aber nur das Unternehmen, nicht jedoch die Marke erwähnt wird. Verpasst hätten die Marken ohne reine „Logo-Suche“ auch Persiflagen ihrer Produkte – die Menge und der jeweilige Grad der Verunglimpfung der Marke können Auswirkungen auf das Markenimage haben.
Interessante Erkenntnisse liefern Fotos von Produktnutzern, die zwar ein Foto des Produkts posten, im Text zwar auf die Anwendung des Produktes verweisen, den Produktnamen oder die Marke dort aber nicht erwähnen. So kommentierte eine Verwenderin von einem Haarfärbemittel ein Foto von sich selbst mit gefärbten Haaren und der Produktpackung: „Das war wohl nichts – das Rot ist bei mir viel heller als auf der Verpackung!“ Eine andere hält eine Duschgelflasche in die Kamera und schreibt dazu: „Riecht super und macht die Haut total weich.“ Dies sind nur zwei Beispiele für Rückmeldungen von Verbrauchern, die über die Textsuche für die Unternehmen im Verborgenen geblieben wären.
Die zusätzliche Bildanalyse für die Beiträge aus der „kombinierten Text-Foto-Suche“ ist insbesondere lohnenswert für Unternehmen, die wissen möchten, wie verbreitet die Abbildung ihrer Produkte im Netz ist. Wie die manuelle Bild- und Textanalyse einer Stichprobe von insgesamt 134 Beiträgen ergab, werden bei beiden Kosmetikmarken mehr Produkte im Foto gezeigt als im Text der Posts erwähnt wurden:
Im Fall der Erwähnung der Marke A im Text wurde nur in 35 Prozent der Beiträge auch mindestens ein Produkt im Text genannt. Das entspricht insgesamt 0,7 Produkterwähnungen im Text pro Beitrag. Dagegen enthielten 47 Prozent der Fotos mindestens ein Produkt, im Gesamtdurchschnitt also 1 Produkt im Bild. Betrachtet man nur die Fotos, auf denen Produkte abgebildet waren, so konnte man auf diesen Fotos durchschnittlich zwei Produkte sehen.
Für Marke B fanden sich sowohl mehr Text- als auch Bild-„Erwähnungen“ für die Produkte, aber auch hier ist derselbe Effekt auf einem höheren Niveau erkennbar: In den Fotos fanden sich durchschnittlich 2,8 Produkte, während es im Text nur 2,1 Produkte waren.
Um die Zusammenhänge von Bilderinhalt und Hashtag-Marken-Erwähnungen besser verstehen zu können wurde eine Hashtag-Korrelations-Analyse durchgeführt. Dabei wird ausgezählt, welche Hashtags besonders häufig in Kombination miteinander in einzelnen Posts verwendet werden. Je größer die einzelnen farblichen Cluster, desto mehr Hashtag-Kombinationen tauchen in den Posts auf. Die Größe der einzelnen Punkte ist abhängig von der Anzahl der Posts, in denen sie Erwähnung finden. Durch diese Analyse lassen sich Themen- bzw. Personen- Gruppen ermitteln, die sich für eine nähere Betrachtung lohnen.
Hier nun zwei besonders beindruckende Beispiele:
Das grüne Cluster in der linken Abbildung geht auf 112 Beiträge einer Bloggerin zurück, die unter jeden Beitrag immer die gleiche Ansammlung von Hashtags einfügt und in den Bildern fast ausschließlich Bekleidung und Schuhe zeigt. Anhand der Menge an Posts könnte man sie als Influencer für die Kosmetikindustrie einstufen. Betrachtet man nun die Bilder, sieht man dass sich ihre Produktempfehlungen nicht auf den Kosmetikbereich erstrecken. Nicht gerade die beste Voraussetzung für eine professionelle Zusammenarbeit mit einem Influencer.
Die Auswertung des kleinen Clusters mit der Kombination zweier Hashtags (#rituals und #bangbeauty) auf der rechten Seite fördert dagegen 41 spannende Autoren mit Influencerpotenzial zutage. Diese schreiben ausführliche Artikel und posten die passenden Abbildungen, einer Abo-Beautybox, die im Untersuchungszeitraum versendet wurde und Produkte von Rituals und BangBeauty enthielt.
Diese Pilot-Studie hat gezeigt, dass sowohl eine Logo-Suche als auch eine kombinierte Bild-Text-Analyse relevante zusätzliche Erkenntnisse für die Kosmetikindustrie liefern. Insbesondere für die Erfolgskontrollen von Sponsoring Maßnahmen sowie für das Auffinden positiver und negativer Nutzererfahrungen lohnt sich der Zusatzaufwand. Auch die Reichweite und Verbreitung der Produkte lässt sich mit zusätzlicher Bildanalyse besser einschätzen. Text und Bilder senden teils unterschiedliche Botschaften, auch diese hat man mit einer kombinierten Analyse besser im Blick. Für weitere Industriezweige sind ähnliche Erkenntnisse denk- und erwartbar. Daher sollte zumindest eine Pilot-Studie klären, ob sinnvollerweise dauerhaft eine zusätzliche Bildanalyse im Unternehmen zum Einsatz kommt.
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