Potenziale richtig nutzen – Social Media im SEE-THINK-DO-CARE FRAMEWORK
Im Online Marketing wird eine Menge Potenzial verschenkt. Denn viele Entscheider konzentrieren ihre Online-Marketing-Aktivitäten auf den schnellen Abverkauf oder die Generierung von Leads. Dieses Vorgehen kann kurzfristig positive Ergebnisse liefern, langfristig jedoch schränkt es das Wachstumspotenzial ein.
Die Herausforderung: Verschenktes Potenzial
Zielgruppen, die noch am Anfang ihres Entscheidungsprozesses stehen, werden mit dieser Vorgehensweise nicht erreicht.
„Keiner kennt uns, also sucht uns keiner.“
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, potenzielle Kunden schon ganz am Anfang ihrer Entscheidungsfindung zu erreichen und anzusprechen.
Viele Online-Marketing-Maßnahmen zielen lediglich auf Nutzer ab, die kaufbereit sind, dies gilt auch für Social-Media-Maßnahmen. Die Anzahl der User, die wirklich kaufbereit sind, ist allerdings relativ gering. Der Großteil der potenziellen Zielgruppe wird demnach nicht erreicht.
Die Lösung: SEE-THINK-DO-CARE Framework
In den verschiedenen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses haben User ein ganz unterschiedliches Informations- und Interaktionsbedürfnis.
Das SEE-THINK-DO-CARE Framework nach Avinash Kaushik ist ein Modell zur Abbildung dieser Phasen, welches zugleich verdeutlicht, dass der Sales Funnel oft zu eng geschnürt ist.
Der grundlegende Ansatz sollte sein, dass der Wissensstand des Nutzers und sein Status im Kaufentscheidungsprozess im Zentrum aller Maßnahmen stehen. So wie das SEE-THINK-DO-CARE Framework die Zielgruppe in den Fokus stellt, müssen es auch Unternehmen tun.
SEE – Sichtbarkeit
In der SEE-Phase befinden sich Menschen, die das jeweilige Angebot noch nicht kennen, aber grundlegend an Themen rund um dieses interessiert sind. Man spricht von der größtmöglichen erreichbaren und relevanten Zielgruppe. Hier geht es vor allem darum, wahrgenommen zu werden oder eine höhere Bekanntheit zu erreichen.
THINK – Resonanz
Schon einen Schritt weiter – in der THINK-Phase – befinden sich die Nutzer, die bereits darüber NACHDENKEN, ein Produkt zu kaufen. Diese Zielgruppe signalisiert ihr Kaufinteresse durch ihr Surfverhalten. Es geht darum, dem potenziellen Kunden weitergehende Informationen zu bieten und ihn einzuladen, sich mit dem Angebot näher auseinanderzusetzen. Aus dem beobachtenden wird ein suchender Nutzer. Suchmaschinen haben in der THINK-Phase eine starke Bedeutung.
DO – Aktion
In der DO-Phase finden sich schließlich die Menschen, die genau dieses Produkt HABEN WOLLEN. Diese Leute sind kaufbereit, und Unternehmen müssen sie nur noch von ihrem Angebot überzeugen. In dieser Phase ist es entscheidend, die Ansprache transaktionsorientiert zu gestalten.
CARE – Bindung
In der CARE-Phase sind die Nutzer, die mehr als einmal bei einem Unternehmen gekauft haben oder die Produkte aus anderen Gründen weiterempfehlen. Dabei handelt es sich um loyale Fans des Produktes bzw. Marke. Die Gruppe ist zwar im Verhältnis zu der gesamten Zielgruppe klein, kann aber eine große Auswirkung auf den Erfolg haben.
Social Media in der Online Strategie – Welche Maßnahme passt in welche Phase?
In der folgenden Grafik wird exemplarisch veranschaulicht, in welcher Entscheidungsphase der Zielgruppe welche Online-Marketing-Maßnahmen im SEE-THINK-DO-CARE Framework eingesetzt werden:
Es wird deutlich: Social Media besitzt die Stärke, in jeder Phase zu greifen. Doch auch im Social Media Marketing liegt oftmals ungenutztes Potenzial. Social Media sollte sich mit Social Ads und Content Marketing über die Phasen hinweg ergänzen. In jeder Phase ist Social Media anders zu nutzen und die Zielgruppe anders anzusprechen, wie wir uns später genauer anschauen werden.
Wichtig in dem Zusammenhang ist, dass diese Einordnung je nach Branche, Unternehmen und Zielgruppe unterschiedlich ausfallen kann und es keine klare Abgrenzung zwischen den Phasen gibt, sondern der Übergang fließend ist.
Social Media in der Customer Journey
Social-Media-Kampagnen können Nutzer weit oben im Sales Funnel abholen und bis zur Conversion entlang des Entscheidungsprozesses leiten. Wie die Social-Media-Strategie im Detail aussieht ist abhängig von Unternehmen und Zielen, und muss jedes Unternehmen individuell für sich entwickeln.
Am Anfang des Entscheidungsprozesses können z. B. ein Video für Brand Awareness, gestützt von Brand Ads und Product Placements mit dem Look & Feel der Awareness-Anzeigen stehen. Im weiteren Verlauf werden gezielte Performance Ads für den schlussendlichen Abverkauf geschaltet und im Bereich der Kundenbindung wird z.B. Facebook oder Twitter als Teil des Customer-Service genutzt.
Wir haben uns angeschaut, wie Social Media in die Online Strategie eingeordnet werden sollte und beleuchten nun die Möglichkeiten von Social Media in den einzelnen Phasen. So kann die Umsetzung in der Praxis aussehen:
SEE-Phase – mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit innerhalb der Zielgruppe
Da die Nutzer noch keinen Bezug zu dem Produkt oder dem Unternehmen haben, führen in der SEE-Phase konkrete Kaufaufforderungen in der Regel nicht zum Erfolg. In der SEE-Phase ist es wichtiger, zunächst das Produkt beziehungsweise die Marke in der größtmöglichen Zielgruppe bekannt zu machen. Die Kommunikation hat einen Push-Charakter.
Awareness: Wie sorgen Unternehmen dafür, dass potenzielle Kunden sie über Social Media finden?
Zu organischen Möglichkeiten innerhalb der SEE-Phase zählen eine intelligente Kooperation mit (Micro-)Influencern, die Arbeit mit Brand Ambassadors, das Nutzen von Live-Funktionen und Story-Formaten, um von Nutzern entdeckt werden zu können oder das Nutzen von Hashtags.
Über Paid Maßnahmen können organische Maßnahmen gezielt gepusht werden. Jedes Netzwerk bietet hier eigene Anzeigen-Formate. Generell kann man festgehalten, dass Bewegtbild das top Format der See-Phase ist. Über Bewegtbild ermöglicht die Übermittlung von kompakten Information und Emotionalisierung des Nutzers. Mittlerweile hat jedes Netzwerk das Video-Format implementiert. Videos erzielen eine hohe und günstige Reichweite bei gleichzeitig niedrigen Streuverlusten.
Daher können in dieser Phase Kennziffern wie die Conversion Rate oder die Kosten pro Conversion nicht zur Bewertung des Erfolgs herangezogen werden. Vielmehr ist es an dieser Stelle wichtig, die Markenwahrnehmung zu messen. Wichtige Kennzahlen hierfür sind Reichweite, Impressionen, neue Besuche, Likes oder Follower.
Präsent sein, wenn die finale Entscheidung näher rückt – die THINK-Phase
Die Nutzer in der THINK-Phase denken bereits darüber nach, ein Produkt/Dienstleistung zu kaufen und signalisieren ihr Interesse, indem sie aktiv nach Informationen suchen. Unternehmen müssen sich ab dieser Phase mit Push- und Pull-Funktionen auseinandersetzen.
Da die Zielgruppe sich hier in der Evaluationsphase befindet, sollten Unternehmen die folgende Frage stellen: Wie werden potenzielle Kunden Social Media nutzen, um Unternehmen mit Wettbewerbern zu vergleichen? Und wie können Sie überzeugt werden?
Zu den organischen Taktiken in der THINK-Phase zählt das Sammeln von positiven Bewertungen auf der Facebook-Unternehmensseite. Denn Peer Reviews bieten Unternehmen eine persönliche und vertrauenswürdige Entscheidungsbasis, die überzeugender wahrgenommen wird als unternehmenseigene Botschaften.
Ebenfalls hervorragend geeignet, um in der THINK-Phase zu punkten, sind Einblicke in das Unternehmen über Instagram zu veröffentlichen oder informative Blogartikel und YouTube-Videos z. B. zur Anwendung von Produkten.
Ist die Content-Marketing-Strategie clever in die Customer Journey eingegliedert und gehen Content Marketing und Social Media Hand in Hand, können Unternehmen das Informationsbedürfnis des Nutzers erfüllen und sich dazu als Autorität zu einem Thema positionieren.
Zu den bezahlten Maßnahmen gehört in allen Kanälen das klassische Retargeting. Hat man bereits vor dem Start der Kampagnen für ein sauberes Tracking gesorgt, können Nutzer, die in der SEE-Phase erreicht wurden erneut angesprochen werden.
Es gibt kein anderes Netzwerk, dass so viele verschiedene Formate anbietet wie Facebook. E-Commerce Shops können z.B. über Produkt Katalog Ads Usern auf Facebook die zuletzt angesehenen Produkte zeigen. Im B2B-Bereich können Nutzer weiterführende Informationen bereitgestellt werden.
Sinnvolle Kennzahlen sind Reichweite, Impressionen, Klickraten, Wiedergabezeit oder Micro-Conversions.
Den Abschluss bekommen – Social Media in der DO-Phase
Da die Zielgruppe in der DO-Phase weitestgehend kaufbereit ist, können nun Werbebotschaften mit einer aktiven Handlungsaufforderung platziert werden.
Die zentrale Frage richtet sich an die Akquise: Wie werden Social-Media-User dazu bewegt, zu kaufen oder zu konvertieren?
In der DO-Phase kann die Gewinnung von E-Mail-Adressen für die eigene Mailing-Liste und der Einsatz von Custom und Lookalike Audiences wertvoll sein. Auch Social-Media-Gewinnspiele mit Kaufanreizen können in der DO-Phase zum Zuge kommen.
Sinnvolle Paid-Taktiken sind eine klar definierte Call-to-Action und die Nutzung der richtigen Ad-Formate. Jedes Netzwerk hat eigene Ad-Formate, die gezielt auf den Kauf- oder Leadabschluss zielen, z.B. Lead Gen Ads bei Linkedin, Lead Ads bei Facebook, etc.
In dieser Phase kommen harte Kennzahlen wie Conversions, Leads und Umsatz zum Zuge.
Social Media in der CARE-Phase
In der CARE-Phase geht es darum, aus Käufern begeisterte Stammkunden zu machen.Hier befinden sich die Nutzer, die bereits ein- oder mehrmalig "gekauft" haben oder Angebote aus anderen Gründen weiterempfehlen.
Zentrale Fragen, die sich hier gestellt werden sollten beziehen sich auf das Engagement mit der Zielgruppe und Advocacy: Wie werden Social-Media-Kanäle genutzt, um mit Kunden in Kontakt zu bleiben? Wie werden Kunden über Social-Media-Kanäle motiviert, das Unternehmen weiterzuempfehlen?
Im Kundenservice liegt großes Potenzial für Social Media. Hier können Unternehmen sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, wenn sie die Möglichkeiten in ihren Customer-Service-Mix integrieren.
Die Chat-Funktionen, Whatsapp, Facebook Messenger oder beispielsweise Facebook Gruppen sind für die CARE-Phase vorrangig geeignet, da eine persönliche 1:1-Kommunikation mit der Zielgruppe aufgebaut werden kann. Immer wieder gezielte Anstöße zu Produktneuheiten mittels nützlichem und relevantem Content zu bieten, sich nach der Zufriedenheit zu erkundigen und Folgeangebote zu platzieren und nach Empfehlungen zu fragen sind relevante Maßnahmen in der CARE-Phase.
Ebenso eigens zur Kundenbetreuung konzipierte Unternehmensseiten bei Twitter oder bei Facebook wie im Beispiel „Telekom hilft” oder „HP Support” kommen zum Einsatz und nicht zuletzt natürlich Messenger Bots.
Um Folgekäufe zu initiieren ist auf Paid-Ebene intelligentes Retargeting innerhalb der Kanäle notwendig.
Was die Messbarkeit der CARE-Phase betrifft, so sind Weiterempfehlungen, Wiederkaufrate, aber auch Interaktionsrate von Bedeutung.
Fazit
Ein wesentliches Defizit in vielen Social-Media und Online-Strategien ist das fehlende Full-Funnel-Denken. Denn viel zu oft werden potenzielle Kunden, die noch ganz am Anfang ihres Entscheidungsprozesses stehen außen vorgelassen. Das SEE-THINK-DO-CARE Framework bietet eine ganzheitliche Herangehensweise, die unbedingt empfehlenswert ist.
Denn Social-Media-Kampagnen können nicht nur weit oben im Sales Funnel ansetzen, sondern Nutzer auch bis zur Conversion entlang des Kaufentscheidungsprozesses leiten. Vom ersten Kennenlernen des Unternehmens bis hin zu Brand Loyalität und Weiterempfehlung begeisterter Kunden sollten mehrere Social Media Touchpoints geschaffen werden. So kann das langfristige Wachstum des Unternehmens gesichert werden.
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