Unsere Kampagne #BVDWomen

Es gäbe zu wenig Frauen in der Digitalwirtschaft, ist eine oft gehörte Behauptung. Aber stimmt das denn? Mit unserer Kampagne #BVDWomen zeigen wir Digitalexpertinnen des BVDW und stellen ihre Themen und Positionen vor. In ihren Expertinnenbeiträgen gewinnen Sie tiefere Einblicke in die Fachthemen, die auch im BVDW behandelt werden. Hier haben unsere Expertinnen die Gelegenheit, ihre eigene Meinung zu einem Thema zu vertreten und Beispiele aus ihrem beruflichen Alltag einfließen zu lassen.

Innovation als Geschäftsmodell denken | Antje Dittrich

Innovation in Krisenzeiten

Aktuell sind viele Führungskräfte damit beschäftigt, das Tagesgeschäft neu zu strukturieren, Kapazitäten zu planen und Lieferketten, Vertrieb und Kundenkommunikation aufrecht zu erhalten. In einigen Unternehmen entstehen aber auch mitten in der Krise Innovation und ein neues Geschäftsmodell. In der Not erfinderisch werden ist klasse und spricht für ein gutes agiles Team – aber systematisch Innovation als Geschäftsmodell zu denken, muss das Ziel sein.

Corona hat zu einer rasant angestiegenen und unumkehrbaren digitalen Penetration geführt. Diese beflügelt vor allem die Unternehmen, die bereits auf Digitalisierungsmodelle gesetzt haben. Gleichzeitig hat die Krise die mangelnde digitale Transformation offensichtlich gemacht – nicht nur im Bildungs- und Gesundheitsbereich.

Dass Zalando und Amazon die großen Gewinner der aktuellen Krise sind, ist nachvollziehbar. In allen B2C-Zielgruppen sind lt. aktuellen Studien die Onlinekäufe um mind. 25% gestiegen, auch Teleshopping-Unternehmen wie QVC profitieren davon. Gleichzeitig wachsen Hersteller wie Ravensburger durch den angestiegenen Verkauf von Puzzles zweistellig im Umsatz, genau wie Unternehmen, die Produkte rund um das Thema Living und ein schönes Zuhause anbieten. Innovation oder neue Geschäftsmodelle sind dies nicht – aber es sind dennoch Hinweise auf neue Chancen, die sich auch für andere Unternehmen ergeben. Accenture prognostiziert das „Jahrzehnt des Zuhauses“ – ein Grund mehr, Geschäftsmodelle und Prozesse neu zu denken.

Ein positives Beispiel für Innovation und digitale Transformation in der Krise ist ein Anbieter von betriebsnotwendigen Sicherheitsschulungen. Dieser hat in Coronazeiten seine Präsenzschulungen zwangsläufig digitalisieren müssen und generiert damit neuen skalierbaren Umsatz bei wachsendem Ebit. Im zugehörigen Konzern gilt diese Tochter-gesellschaft jetzt als Modell-Case, um weitere Digitalisierungspotentiale zu identifizieren und zum eigenständigen Geschäftsmodell auszubauen.

Ohne die Krise und ohne das bereits vorhandene Know-how wäre kein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell entstanden.

 

Innovation braucht Perspektivwechsel

Aber: Es sollte keine Krise brauchen, um Chancen der digitalen Transformation zu erkennen und in neuen Geschäftsmodellen zu denken. Viele sogenannte Megatrends, gesellschaftliche oder technologische, sind schon vorher offensichtlich.

Das Medienverhalten hat sich schon vor der Krise grundlegend verändert. Verlage sind schon lange gezwungen dem strukturellen Wandel (Printauflagen sinken – digitale Reichweite lässt sich schlechter monetarisieren) unterschiedliche Geschäftsmodelle entgegenzusetzen. Die Digitalisierung des Contents ist dabei naheliegend. Die tatsächlichen Bedürfnisse der Leser/User sind aber entscheidend und nicht die vorhandenen Marken oder etablierter Content, um erfolgreiche Dienstleistungsangebote zu schaffen. Dies kann eine digitale Vermittlungsplattform (Partnerschaft, Dienstleistungen, Jobs, Produkte) oder ein Abo-Commerce-Modell (Beauty, Pflege, Ernährung) sein. Perspektivwechsel und Deep-Dive in die Bedürfnisse der Zielgruppen zeigen dabei die wahren Innovationspotentiale für neue Produkte und somit Geschäftsmodelle auf.

 

3 Ansätze für neue Geschäftsmodelle

Innovationsprozess

Umzusetzen ist dies in der Realität als strukturierter Innovationsprozess wie Design Thinking, der ausgehend von der Zielgruppe, unter Berücksichtigung des technologischen Fortschritts und gesellschaftlicher Megatrends, neue Produktideen entwickelt, bewertet und als MVP testet. Anschließend gilt es das Geschäftsmodell zu kalkulieren und Investitionspläne zu erstellen. Das Prüfen von Kooperationen und ein Blick auf die Start-up-Szene gehören natürlich dazu.

 

Wertschöpfungskette

Nicht nur die Bedürfnisse der Zielgruppe, sondern auch die konsequente Bewertung und Analyse der Wertschöpfungsketten gibt oft Hinweise auf Innovationsmöglichkeiten und Handlungsbedarf z.B. im Hinblick auf ESG konforme Lieferketten. Dienstleistungen, die bisher Lieferanten oder Vertriebspartner übernehmen, sollten regelmäßig auf ihr Geschäftspotential für das eigene Unternehmen überprüft werden.  

 

Customer Journey

Eine veränderte Customer Journey gefährdet in einigen Branchen das bisherige Geschäftsmodell. Premium-Hersteller, die bisher über den Fachhandel mit ihren Marken und Produkten beim Endkunden präsent waren, sind auf digitalen Beratungsplattformen wie aroundhome kaum noch sichtbar. Die Vertriebswege müssen neu gedacht und das Geschäftsmodell angepasst werden. Die (digitale) Präsenz der eigenen Marke ist dabei die wichtigste kommunikative Herausforderung.

Krisen schärfen die Sinne für das Wesentliche und sind auch ein Spiegelbild der eigenen Innovationskraft. Führungskräfte, die systematisch Innovation im Unternehmen verankern und Geschäftsmodelle neu denken, sehen gelassener in die Zukunft – auch im Falle einer Krise.