Unsere Kampagne #BVDWomen
Es gäbe zu wenig Frauen in der Digitalwirtschaft, ist eine oft gehörte Behauptung. Aber stimmt das denn? Mit unserer Kampagne #BVDWomen zeigen wir Digitalexpertinnen des BVDW und stellen ihre Themen und Positionen vor. In ihren Expertinnenbeiträgen gewinnen Sie tiefere Einblicke in die Fachthemen, die auch im BVDW behandelt werden. Hier haben unsere Expertinnen die Gelegenheit, ihre eigene Meinung zu einem Thema zu vertreten und Beispiele aus ihrem beruflichen Alltag einfließen zu lassen.
Wandel als Chance | Corinna Hohenleitner
Es scheint, als wäre derzeit alles im Wandel, nicht nur, aber auch in der Arbeitswelt. Darüber kann man lamentieren – ich nehme solche Herausforderungen lieber an. Denn sie bieten einem die Chance, neu zu denken und nicht starr „immer weiter so“ zu handeln.
Ich gehe sogar weiter: Wer in dieser neuen Welt nicht nur bestehen, sondern sie aktiv mitgestalten will, muss flexibel, beweglich, wandlungsfähig und in gewisser Weise auch anpassungsfähig sein. Manche Menschen assoziieren damit etwas Negatives. Doch es geht beim Anpassen nicht darum, immer jemandem gefallen zu müssen. Sondern darum, alte Muster zu hinterfragen, Verhaltensweisen neu zu justieren und den eigenen Weg zu gehen.
Ich selbst habe diesbezüglich eine steile Lernkurve gemacht. Mit Beginn des ersten Lockdowns 2020 stieg ich in die Position der County Director DACH beim Werbetechnologieunternehmen Criteo auf. Ich hatte gleich mehrere Herausforderungen: Wie leitet man ein Team, das man plötzlich nur noch virtuell trifft? Wie setzt man remote auch bei Kunden eigene Akzente? Zudem erwarteten mich große Aufgaben: Wie lebt und kommuniziert man die innere und äußere Transformation eines Unternehmens, wenn alle zuhause sind?
Faktor Mensch wird immer wichtiger
Schnell habe ich gemerkt: Die Pandemie hat meine Arbeitsweise und die meiner Mitarbeiter extrem beschleunigt. Von zuhause aus zu arbeiten verleitet zum Beispiel schnell dazu, von sich und anderen immer mehr in immer kürzerer Zeit zu erwarten. Ein kleines Beispiel: Spricht man in einer Videokonferenz über einen Report, sucht man ihn sofort heraus und teilt ihn im Chat. Fand das Meeting früher in Person statt, reichte der Report komischerweise auch danach. Multitasking vermittelt immer schnell den Eindruck, viel zu tun. Das mag sein, doch ist man somit effektiver oder durch die ständige Ablenkung nicht eher noch gestresster?
Je schneller sich die Welt da draußen dreht, desto wichtiger wird der Faktor Mensch. Ein menschlicher Umgang mit Kollegen zahlt sich immer aus – auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Gerade in diesen Wochen und Monaten, in denen man nicht einfach gemeinsam Mittagessen gehen kann, gilt es Alternativen zu finden, um sich dennoch ausreichend Zeit für die Mitarbeiter und ihre Themen zu nehmen. Es geht darum, wirklich nachzufragen und wichtiger noch, ihnen zuzuhören und ihre Ängste und Belastungen sogar durch eine Videokonferenz hindurch wahrzunehmen.
Denn klar ist: Mitarbeiter brauchen mehr als Laptop und Monitor, damit sie gut arbeiten können. Sie müssen ihren Emotionen gelegentlich Luft machen können. Das setzt ein echtes Vertrauensverhältnis voraus. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn Kollegen das Gefühl haben, dass sie sich wirklich ohne Konsequenzen öffnen können, dann wirkt sich das positiv auf das gesamte Unternehmensklima aus. Aber klar ist ebenso, es erfordert Arbeit und die Bereitschaft aller Beteiligten, sich auf ein solches Vertrauensverhältnis einzulassen.
Das „Well-being“ der Mitarbeiter ist ein hohes Gut, das auch entsprechend priorisiert werden sollte. Die vielfachen Belastungen mit Home Office und Lockdowns verlangen uns allen viel ab und erfordern es mitunter, den Tag ganz anders zu strukturieren als gewohnt. Doch egal wie voll die Inbox läuft – sich regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen, innezuhalten und neue Energie zu schöpfen ist mindestens genauso wichtig wie zeitnah auf Kundenmails zu antworten. Auch wenn das gar nicht so leicht fällt. Ich selbst muss mich regelmäßig dazu ermahnen, auch mal abzuschalten und nicht selbst noch ein paar Mails zu schreiben.
Die Suche nach der virtuellen After-Show-Party
Apropos. Zu einem menschlichen Führungsstil gehört für mich ebenso, einen informellen Austausch zu ermöglichen – und das nicht etwa als nutzlos zu erachten. Denn die ehrlichsten Feedbacks gibt es nicht in einem Teammeeting mit straffer Agenda, sondern bei einem Kaffee oder einem Feierabendbier. Die besten Ideen entstehen genauso oft in eher lockeren Zusammenkünften. Das gilt auch im Kontakt mit Kunden: Waren die Pausen und die After-Show-Partys, wenn man mal ganz ehrlich ist, nicht oft wichtiger als so manches Event selbst? Gerade das Zwanglose fördert Kreativität und Motivation – die unabdingbaren Motoren für Innovationen und ein erfolgreiches Business. Wenn Kaffeeküche und gemeinsame Mittagessen wegfallen, sollte man Alternativen schaffen. Die virtuelle Kaffeepause ist da nur eine von vielen denkbaren Möglichkeiten.
Mit Veränderungen sind immer Ängste verbunden. Bei allen, die plötzlich anders agieren müssen, als sie es vielleicht jahrelang gewohnt waren. Doch Wandel muss nicht schlecht sein. Im Gegenteil. Es ist nur eine Frage, ob man bereit ist, aus ihm das Beste zu machen.