Digitalsteuer
Worum geht es hier?
Verfechter einer Digitalsteuer argumentieren, dass insbesondere die Steuerlast von großen, grenzüberschreitend tätigen Unternehmen der Digitalwirtschaft derzeit unzureichend ist. Der Fokus liegt hierbei auf inländischen Erträgen in Ländern, in denen diese Firmen viele Kunden, aber keine physische Betriebsstätte haben. Nach geltendem (internationalen) Recht werden diese Gewinne in den betreffenden Ländern nicht besteuert.
Bereits beschlossen wurde eine Digitalsteuer in Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich und Spanien. Hier ist vorgesehen, bestimmte Umsätze, die große (ausländische) Unternehmen der Digitalwirtschaft mit Bürgern und/oder Unternehmen des jeweiligen Landes erwirtschaften, mit einer Abgabe von 2% bis 3% (Österreich 5%) zu belasten.
Was ist bisher passiert?
Auf internationaler Ebene hatte die Europäische Kommission bereits Anfang 2018 zwei Richtlinien zur Digitalsteuer vorgeschlagen.
Die erste sollte langfristig auf Basis einer Reform der Unternehmensbesteuerung implementiert werden. Demnach sollten Gewinne dort besteuert werden, wo es substantielle geschäftliche Interaktionen mit Nutzern über digitale Kanäle gibt. Zum Zwecke der Besteuerung sollte eine „digitale Präsenz” vermutet werden, sobald das Einkommen der Plattform 7 Mio. Euro in einem Mitgliedstaat überschreitet, oder die Plattform im Steuerjahr über 100.000 User in einem Mitgliedstaat zählt sowie mehr als 3.000 Kontakte für digitale Dienstleistungen zwischen Unternehmen und Kunden.
Der zweite Vorschlag basiert auf einer kurzfristigen Besteuerung des aggregierten Bruttoeinkommens, als vorübergehende Maßnahme, von derzeit nicht wirksam vom Fiskus erfassten Geschäftsaktivitäten. Diese Steuer zielt auf Unternehmen, die mehr als 750 Mio. Euro weltweit erwirtschaften und innerhalb der EU mindestens 50 Millionen Euro jährlich mit digitalen Geschäftsmodellen verdienen. Grundsätzlich sollte die Steuer nicht am Ort der Niederlassung erhoben werden, sondern dort, wo sich die Kunden des Unternehmens befinden. Bei der Online Werbung sollte die Steuer dort erhoben werden, „wo die Werbung ausgespielt wird” und „wo die Nutzer sich befinden, deren Daten gesammelt und verwertet werden”.
Auf EU-Ebene konnten sich die EU-Finanzminister am 12. März 2019 jedoch nicht auf ein gemeinsames Konzept einigen.
Viele Experten plädieren weiterhin für eine international abgestimmte Lösung. So rechnet die OECD mit dem Durchbruch für eine weltweite Digitalsteuer im Jahr 2020.
Was ist mit einer „Datensteuer“ gemeint?
Auf der Global-Solutions-Konferenz zur Vorbereitung des G-20-Gipfels in Buenos Aires im Mai 2018 hatte Kanzlerin Merkel zudem eine Datensteuer ins Gespräch gebracht, die für mehr Gerechtigkeit bei der wirtschaftlichen Verwertung von Daten sorgen soll: „Die Bepreisung von Daten, besonders die der Konsumenten, ist aus meiner Sicht das zentrale Gerechtigkeitsproblem der Zukunft […].“ Gemeint ist eine Bepreisung von persönlichen Nutzerdaten, die typischerweise in sozialen Netzwerken erhoben und aggregiert werden. Konkreter wurde sie dazu jedoch nicht.
Als Stimme der Digitalen Wirtschaft möchten wir diese Diskussionen proaktiv mitgestalten.
Das Scheitern der Europäischen Digitalsteuer zeigt ganz klar die Komplexität der Thematik. Aus Sicht des BVDW ist es positiv zu bewerten, dass dieser noch nicht ausgereifte Vorstoß auf EU-Ebene abgelehnt wurde. Dennoch setzen wir uns ein für einen fairen Lösungsansatz. Dazu braucht es eine ganzheitliche und vernünftige Besteuerungssystematik, die für alle Unternehmen gleichermaßen gilt. Denn die Problematik der Besteuerung ist kein Problem der Digitalen Wirtschaft. Es ist ein Thema, das aufgrund der globalisierten Welt aufkommt und zielführend geregelt werden muss. Der BVDW ist ganz klar der Auffassung, dass Unternehmen dort besteuert werden müssen, wo sie wirtschaftlich tätig sind.
Mit einem Schnellschuss, der eine einseitige Besteuerungsregelung schafft und so digitale Modelle schwächt, ist allerdings niemandem geholfen. Wir als BVDW erhoffen uns daher von der Politik eine weiterhin enge Auseinandersetzung mit dem Thema und eine zielführende und langfristige internationale Lösung.
Weiterhin gilt es, wichtige Grundsatzfragen zu klären:
- Worin besteht die Wertschöpfung auf Basis von Daten?
- Wo findet sie statt?
- Wie sollen die Daten für steuerliche Zwecke bewertet werden?
- Wie lassen sich daraus abgeleitete Gewinne auf involvierte Länder verteilen?
- […]
Auch Fragen nach einer Datenhoheit bleiben offen.