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BVDW begrüßt Bericht der Datenethikkommission als neuen Impuls, sieht aber Gesprächsbedarf
Ethik entwickelt sich zu einem der wichtigsten Themen der Digitalen Wirtschaft: Eine Mitte September veröffentlichte BVDW-Studie zeigt, dass Ethik schon heute in der Mehrheit der Digitalunternehmen einen hohen Stellenwert hat. Aus Sicht von 83 Prozent der Unternehmen müssen eingeschränkte Produktfunktionen in Kauf genommen werden, wenn das für die Einhaltung ethischer Standards notwendig ist. Um Lösungsansätze für solche und ähnliche Herausforderungen beim Einsatz von Algorithmen und im Umgang mit Künstlicher Intelligenz und Daten erarbeiten zu lassen, hat die Bundesregierung vor gut einem Jahr eine Datenethikkommission ins Leben gerufen – am Mittwoch präsentierte die Kommission die Ergebnisse ihrer Arbeit.
Unter anderem werden Maßnahmen gegen „ethisch nicht vertretbare Datennutzungen“ gefordert. Auch eine bessere Durchsetzung des bestehenden Datenschutzrechts wird angestrebt. BVDW-Vizepräsident Achim Himmelreich (Capgemini): „Die Datenethikkommission hat die Diskussion um zentrale digitalpolitische Fragestellungen neu belebt. Ob jedoch neue bürokratische Pflichten für kleine und mittelständische Unternehmen, wie das Benennen eines ‚Ansprechpartners für algorithmische Systeme‘, für Deutschlands Start-up-Kultur förderlich sind, muss diskutiert werden. Es zeigt sich: Einfache Lösungen gibt es nicht und so werden regulatorische Schnellschüsse auch kaum zielführend sein.“
Als besonders kritisch schätzt der Digitalverband BVDW beispielsweise die Forderung nach verpflichtend anzubietenden Bezahlmodellen als Alternative zu Werbeangeboten ein. Diese Handlungsempfehlung der Datenethikkommission konterkariert das Geschäftsmodell zahlreicher Unternehmen der Digitalen Wirtschaft. Achim Himmelreich dazu: „Dies wäre, als wenn man private Fernsehsender verpflichten würde, zusätzlich einen Pay-TV-Kanal anzubieten.“ Der Digitalverband BVDW sieht auch den Vorschlag für eine horizontale EU-Verordnung für algorithmische Systeme kritisch. Hier besteht, gerade mit Blick auf die DSGVO, das Risiko der Doppel-Regulierung. Himmelreich: „Wir warnen vor einem regulativen Overload.“
Als positiven Aspekt hebt der BVDW hervor, dass das Konzept des „Dateneigentums“ abgelehnt wird. Der BVDW empfahl bereits 2018, auf die Schaffung eines neuen juristischen Eigentums an Daten zu verzichten. Die DSGVO und der weitere bestehende Rechtsrahmen bieten schon heute einen ausreichenden und europaweit harmonisierten Spielraum für digitale Geschäftsmodelle und gewährleisten zugleich die Datenhoheit und die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger.
BVDW-Diskussionspapier zu digitaler Ethik
In diesem Kontext hat der BVDW im Februar das Diskussionspapier „Mensch, Moral, Maschine – digitale Ethik, Algorithmen und künstliche Intelligenz“ veröffentlicht und greift darin Chancen und Risiken aktueller und künftiger technischer Entwicklungen auf. Darin fordern die Autoren beispielsweise eine gerichtliche Überprüfbarkeit durch Algorithmen herbeigeführter Entscheidungen sowie den verpflichtenden Einsatz von KI in der Medizin und die Beibehaltung des Solidaritätsprinzips im Krankenversicherungssystem. Das Diskussionspapier befasst sich mit zahlreichen weiteren Gebieten, in denen ethische Fragen gestellt und entsprechende Diskussionen angestoßen werden müssen. Die Publikation steht auf der Webseite des BVDW kostenfrei als Download zur Verfügung.