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Entscheidungsgründe des BGH-Urteils zu Autoresponder-Mails veröffentlicht – aktuelles BVDW-Whitepaper „Rechtsicheres E-Mail-Marketing“

Die Autoresponder-Entscheidung des BGH

Der BGH hatte mit Urteil vom 15.12.2015 (vgl. BGH v. 15.12.2015, Az.: VI ZR 134/15) entschieden, dass die Zusendung von auf Anforderung des Empfängers automatisiert versendeten Bestätigungsmails (Autoresponder) rechtswidrig sei, soweit diese E-Mail auch Werbung enthalte. Wir hatten bereits darüber berichtet. Nach Auffassung der Richter stellen automatisch generierte Bestätigungs-E-Mails, die sowohl eine Eingangsbestätigung in Bezug auf zuvor versandte Nachrichten (Autoresponder) als auch Werbung enthalten, jedenfalls dann einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar, wenn dieser dem Erhalt von Werbung zuvor ausdrücklich widersprochen hat. Nun hat er die Entscheidungsgründe veröffentlicht.

Einen umfassenen Überblick zum rechtsicheren E-Mail-Marketing finden Sie in unserem aktualisierten BVDW-Whitepaper "Rechtssicheres E-Mail-Marketing".

 

Hintergrund

Gerne werden Kauf- oder Anmeldebestätigungsmails genutzt, um neben der Bestätigung der Registrierung/Kaufanfrage auf weitergehende Angebote hinzuweisen. Gleiches gilt für automatische Eingangsbestätigungen bei E-Mail-Anfragen durch Nutzer. Zur Zusendung einer Bestellbestätigung ist ein Online-Händler bei Vertragsschlüssen im elektronischen Geschäftsverkehr gemäß § 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB nämlich gesetzlich verpflichtet. Diese Zusendung bedarf keiner Einwilligung, da sie im Rahmen der Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Schuldverhältnisses notwendig ist.

 

Bewertung von werbenden Inhalten

Die rechtliche Zulässigkeit von in solchen E-Mails enthaltener „Beiwerbung“ war bislang umstritten. Hier wurde in der Praxis bislang davon ausgegangen, dass es zulässig sei, einer solchen Bestätigung auch Hinweise auf weitere Angebote beizufügen, solange die eigentliche Funktion als Kaufbestätigung nicht in den Hintergrund tritt. Dies sollte entsprechend für automatische Antwort-Mails, etwa zur Bestätigung einer eingegangenen Kündigung oder der Registrierung eines Accounts gelten.

 

Im zugrunde liegenden Fall waren auf eine Kündigung per E-Mail insgesamt drei automatische Antwort-Mails an den Kläger geschickt worden, welche jeweils am Ende des Antworttextes Werbung für eine Wetter-App der Versicherung enthielten. Nach Zusendung der ersten Antwortmail widersprach der Kläger ausdrücklich der Zusendung von Werbung per E-Mail, worauf hin er die weiteren zwei automatisch generierten Eingangsbestätigungsmails samt Werbung erhielt. Da der Kläger jedenfalls der weiteren Zusendung von Werbung widersprochen hatte, konnte der BGH für die Zusendung der dritten Mail entscheiden, dass diese Zusendung rechtswidrig gewesen sei.

 

Das LG Stuttgart (Vgl. LG Stuttgart v. 04.02.2015, Az.: 4 S 165/14) hatte in der Vorinstanz noch entschieden, dass in einer im Rahmen einer noreply-E-Mail in Form einer automatisierten Eingangsbestätigung (Autoresponder) versandten Werbung kein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zu sehen ist, weil eine erhebliche Belästigung nicht angenommen werden kann.

 

Diese Entscheidung war praxisnah. Allerdings konnten sich die Richter in diesem Fall Gedanken über den Belästigungsgrad machen, da die geltend gemachten Unterlassungsansprüche im entschiedenen Fall nicht auf Vorschriften des UWG, sondern auf den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB beruhten. Während im letzteren Fall stets eine Abwägung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts geprüft wird, kommt es auf eine solche im Rahmen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG gar nicht erst an. Wird das Vorliegen von Werbung bejaht, ist wettbewerbsrechtlich „stets“ von einer unzumutbaren Belästigung auszugehen. Wie dieser Wertungswiderspruch in Zukunft gelöst wird, ist also fraglich. Andere Untergerichte gingen allerdings bereits von einer Unzulässigkeit solcher Autoresponder-Mails aus (vgl. AG Stuttgart v. 25.04.2014, Az.: 10 C 225/14; AG München v. 09.07.2009, Az.: 161 C 6412/09).

 

Diese Auffassung hat der BGH nun grundsätzlich bestätigt. Der Begründung ist allerdings nicht eindeutig zu entnehmen, wie nun mit E-Mails generell umzugehen ist, die keine reine Werbung darstellen sondern als gesetzlich zulässige Mail mit lediglich einem werbenden Footer versendet werden, ohne, dass zuvor eine Werbewiderspruch des Empfängers erklärt wurde. Einen Hinweis gibt der BGH jedenfalls insoweit, als dass er in seinem dritten Leitsatz feststellt, dass „eine (reine) Eingangsbestätigung via E-Mail selbst noch keine Werbung dar[stellt]. Dies hat nach Ansicht der Richter aber nicht zur Folge, dass die in einer solchen E-Mail enthaltenen Werbung von vornherein keine (Direkt-) Werbung darstellen kann.

 

Werbeverbot nach Widerspruch

Das Urteil des BGH ist insoweit nachvollziehbar, als dass Werbende E-Mails nach einem erklärten Widerspruch des Betroffenen nicht mehr versendet werden dürfen. Dies entspricht auch der eindeutigen gesetzlichen Regelung. Ob jedoch bei einer ersten – gesetzlich zulässigen – Kundenbestätigungsmail samt untergeordnetem Werbe-Footer tatsächlich das Persönlichkeitsrecht des Empfängers den Interessen des Absenders, auf weitere Angebote hinzuweisen derart überwiegt, dass die – gesetzliche – Zusendung als rechtswidrig anzusehen sein muss, ist nach wie vor fraglich. Dies hat wohl auch der BGH erkannt und zur ersten Mail keine konkrete Stellung bezogen.

 

Interessenabwägung

Nach unserer Auffassung kann – auch nach wettbewerbsrechtlichen Maßstäben - eine „stets“ anzunehmende Belästigung nur vorliegen, wenn es sich um unaufgeforderte, reine Werbe-Mail handelt. Genau hier sollten die Gerichte auch im Wettbewerbsrecht ansetzen. Die Annahme von reiner Werbung dürfte überspannt sein, wo der Kontakt vom Betroffenen selbst gesucht wurde, die E-Mail inhaltlich auf das Anliegen des Betroffenen gerichtet ist und lediglich im unteren Teil (Abspann) Hinweise auf Waren oder Dienstleistungen des Unternehmers enthält. Eine solche E-Mail dürfte wohl kaum mit einer tatsächlichen Spam-Mail gleichzustellen sein. Dies gilt – insoweit mit dem BGH – hier wie dort natürlich dann nicht mehr, wenn ein nachfolgender Widerspruch des Empfängers für die Zukunft vorliegt. Ein solcher Widerspruch dürfte dem Empfänger jedoch zuzumuten sein, da er – anders als bei Massenmails - solche E-Mails nur erhält, weil er deren Versand selbst und aktiv initiiert. Es geht damit nicht um die – bei Spammails übliche - Frage, ob unerwünschte Mails das Postfach verstopfen oder der Empfänger genötigt wird, Inhalte zeitaufwändig zu kontrollieren, die er nicht kennt. Im Gegenteil, der Empfänger wartet im Zweifel auf die E-Mail, deren werbender Anhang weder das Empfangs- noch das Informationsinteresse an der E-Mail im Übrigen beeinträchtigt.

 

Diese Überlegung wird indirekt bestätigt durch ein Urteil des AG Pankow-Weißensee zu einer nicht angeforderten Account-Registrierungsbestätigung per E-Mail (AG Pankow-Weißensee v. 16.12.2014, Az.: 101 C 1005/14). Diese wurde in dem Einzelfall zwar als unzulässige Werbung eingestuft. Hier hatte der Kläger aber die Zusendung gar nicht veranlasst. Ob eine derartige Information Werbung darstellt oder nicht, hing für die Richter davon ab, ob der Empfänger dieser Information tatsächlich die Einrichtung des Kundenkontos veranlasst hat.

 

Wer allerdings kein Risiko eingehen möchte, sollte auf die Anfügung werbender Botschaften in Zukunft lieber verzichten.

 

23.02.2016
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