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EuGH entscheidet erneut zu Hyperlinks: Drum prüfe, wer verlinkt?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich erneut mit der Zulässigkeit des Setzens von Hyperlinks beschäftigt. In seinem Urteil vom 08.September 2016 stellt der EuGH nun fest, dass Links, die jemand ohne Gewinnerzielungsabsicht und in Unkenntis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung von Werken auf der verlinkten Website setzt, keine „öffentliche Wiedergabe“ darstellen und damit erlaubt sind. Bei kommerziellen Verlinkungen sei hingegen zu vermuten, dass eine solche Kenntnis vorliegen könne, dem Verlinkenden jedenfalls zuzumuten sei, diese Frage im Vorfeld zu klären. Die Praxistauglichkeit dieser Entscheidung darf bezweifelt werden.

Reines Verlinken grundsätzlich legal

Für das reine Verlinken hatte der BGH bereits im Jahre 2003 in der sog. Paperboy-Entscheidung festgestellt, dass dies weder ein öffentliches Zugänglichmachen noch eine Vervielfältigung eines Werkes darstellt. Diese Ansicht bestätigte der EuGH in seinem sog. „Svensson“-Urteil aus dem Jahre 2014. Zwar reiche es für eine „Handlung der Wiedergabe“ aus, wenn ein Werk einer Öffentlichkeit in der Weise zugänglich gemacht wird, dass deren Mitglieder dazu Zugang haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diese Möglichkeit nutzen oder nicht. Diese Wiedergabe sei beim Setzen von Links auf frei zugängliche Werke nicht „öffentlich“ das sich hierdurch kein neues Publikum erschlösse als ohnehin. Das Verlinken von frei zugänglichen Werken im Internet ist legal. In dem Fall ging es allerdings nicht um die Frage was gilt, wenn der Inhalt der verlinkten Webseite in urheberrechtlich rechtswidriger Weise hochgeladen wurde.

Rechtswidrig ins Netz gestellte Inhalte

Im nun entschiedenen Fall ging es genau darum. Hintergrund der Klage war die Verlinkung rechtswidrig ins Netz gestellter Fotos durch ein Medienhaus. Der „Playboy“, als Berechtigter an diesen Fotos, mahnte das Medienhaus wegen der Verletzung seines Urheberrechts ab. Als die Fotos auf der Ursprungsseite auf Intervention des „Playboys“ gelöscht worden waren, verlinkte das Medienhaus einfach auf eine andere, ebenfalls rechtwidrige Quelle. Zu entscheiden war, ob das Verlinken auf offensichtlich rechtswidrig ins Netz gelangte Inhalte eine eigene, urheberrechtlich relevante Verwertungshandlung des Medienhauses darstellt.

Prüfpflicht bei Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht

Mit Verweis auf seine vorhergehende Rechtsprechung urteilte der EuGH nun, dass zur Klärung der Frage, ob das Setzen von Hyperlinks auf eine Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich sind, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der sog. Infosoc-Richtlinie (EU-2001/29) darstellt, zu ermitteln ist, ob die Links ohne Gewinnerzielungsabsicht durch jemanden, der die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website nicht kannte oder vernünftigerweise nicht kennen konnte, bereitgestellt wurden oder ob die Links vielmehr mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurden, wobei im letzteren Fall diese Kenntnis zu vermuten ist.

Problematische Vermutungsregel

Für seine Argumentation stützt sich der Gerichtshof im Ausgangsfall auf die Tatsache, dass das Medienhaus die Verlinkung trotz klarer und mitgeteilter Rechtswidrigkeit der Werkequelle dennoch weiter vorgenommen hatte. Für Private sieht der EuGH, dass es sein kann, dass der Betreffende nicht weiß und vernünftigerweise nicht wissen kann, dass dieses Werk im Internet ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde. Anstatt auf diese Tatsache nach Mitteilung durch den Berechtigten allein abzustellen, erlegt er allen kommerziellen Verlinkungen nun eine Vorab-Prüfpflicht auf. Nach Ansicht des EuGH ist es einem kommerziellen Anbieter „zuzumuten, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk auf der Website, zu der die Hyperlinks führen, nicht unbefugt veröffentlicht wurde, so dass zu vermuten ist, dass ein solches Setzen von Hyperlinks in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen wurde“.

Kommunikation im Netz

Diese Vermutung dürfte die Presse- und Kommunikationsfreiheit jedoch nicht unerheblich belasten, da Verlinkungen nun zu einer urheberrechtlichen Verantwortlichkeit führen können. Genau diese Gefahr kann allerdings dazu führen, dass gar keine Links mehr gesetzt werden. Darauf hatte bereits Generalanwalt  Melchior Wathelet in seinen Schlussanträgen vom 07.April 2016 deutlich hingewiesen: Dieser war der Auffassung, dass das Setzen von Hyperlinks lediglich das Entdecken von bereits zugänglich gemachten Werken erleichtert. Mehr nicht. „Jede andere Auslegung des Begriffs „Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit“ [würde] das Funktionieren des Internets erheblich beeinträchtigen und die Verwirklichung eines Hauptziels der Richtlinie, nämlich die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa, gefährden“. Dies müsse auch gelten, „wenn die Umstände besonders offenkundig sind, [da] die Internetnutzer normalerweise nicht wissen, ob ein geschütztes Werk, das im Internet frei zugänglich ist, ursprünglich mit oder ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, und auch nicht in der Lage sind, dies herauszufinden.“

Diese Bedenken adressiert der EuGH zwar, indem er auf die besondere Bedeutung der durch Art. 11 der Charta gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit hinweist. Im Ergebnis setzt er sich mit seiner dann vorgenommenen, zwischen privaten und kommerziellen Verlinkungen unterscheidenden Betrachtung nicht genügend auseinander. Warum Presse- und Verlagshäuser anders als die vom EuGH angesprochenen Einzelpersonen nicht dieser – widerleglichen – Vermutung unterliegen sollen, erschließt sich nicht.

 

 

08.09.2016
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