News
Künstliche Intelligenz: Warum Chatbots und Machine Learning für den Handel so wichtig sind
Neu ist künstliche Intelligenz ja nicht. In Form von Chatbots, Personalisierung und automatisierten Abläufen ist sie längst in unserem Alltag angekommen, ohne dass wir es gemerkt haben. Das belegt auch das BVDW-Whitepaper "Künstliche Intelligenz im Handel". Allerdings beeindruckte uns künstliche Intelligenz (KI) bislang vor allem mit ihrer Dummheit. Denn so richtig smart wird sie nur langsam. Nun wird es jedoch interessant – nicht nur für Unternehmen, sondern gerade auch für Konsumenten. Denn sie profitieren von besserem Service, schnelleren Lieferungen und passgenaueren Angeboten. Plötzlich sind persönliche Assistenten in nahezu jedem Bereich für jeden in greifbarer Nähe. Besonders gut zeigt sich das beim Einsatz von künstlicher Intelligenz im Handel.
Beispiel NLP: Chatbots und Sprachassistenten
Erst kürzlich hat Google mit Duplex eine Technologie vorgestellt, die einen menschlichen Anrufer täuschend echt imitieren und einfache Aufgaben, wie z.B. eine Terminbuchung beim Friseur, eigenständig übernehmen kann. Sprache ist bequem. Sprache ist einfach. Sprache ist schnell. Kein Wunder also, dass nicht nur Sprachassistenten wie Amazons Alexa, Googles Assistant oder Microsofts Cortana im Trend liegen. Natural Language Processing (NLP) heißt hier das Zauberwort, das sich mit der Verarbeitung von Texten und natürlicher, menschlicher Sprache befasst. Sprachassistenten sind gemeinhin noch recht „dumm“ und komplex. Daher konzentrieren sich viele Unternehmen erst einmal auf den Einsatz von Chatbots.
Viele Chatbots nutzen jedoch anstatt künstlicher Intelligenz noch immer klassische Datenbankabfragen. Wenn-Dann-Befehle sind aber nur bedingt überzeugend, wenn ein echter Mensch echte Fragen hat. Intelligente Chatbots dagegen lernen kontinuierlich dazu und sind ein echter Gewinn für den Kundenservice. Binnen weniger Sekunden beantwortet ein virtueller Assistent die meisten kundentypischen Fragen. Dafür müssen Chatbots trainiert werden. Das funktioniert ähnlich wie eine Sportart zu lernen: Ein Trainer erklärt mir, was ich tun muss. Ich versuche es. Ich bekomme eine Korrektur vom Trainer. Ich versuche es wieder – solange bis ich mich selbst korrigieren kann, weil ich weiß, worauf ich achten muss. Dafür nutzt KI Daten. Und je länger der Chatbot im Einsatz, desto besser wird er. Perfekte Ergebnisse werden Chatbots nie liefern – aber auch kein Mensch.
Für uns Kunden sind Chatbots eine ideale Ergänzung zum herkömmlichen Service. Sie lassen sich leicht bedienen, sind schnell und rund um die Uhr erreichbar. Wenn Kunden nicht stundenlang in Warteschleifen hängen müssen, sondern ihr Anliegen in 15 Sekunden über einen Chatbot klären können, profitieren Kunden und Unternehmen gleichermaßen. Wichtig ist hier die Transparenz. Als Kunde möchte ich wissen, wann ich von einem Bot eine Nachricht oder E-Mail bekomme und wann von einem Menschen. Der persönliche Kontakt muss immer eine Option bleiben. Ob in smarten Kontaktformularen auf der Webseite, in Messengern wie WhatsApp oder über E-Mails – in wenigen Jahren wird bei den meisten Unternehmen irgendeine Form von Chatbot zum Einsatz kommen.
Beispiel Machine Learning: Voraussagen für Fortgeschrittene
Das größte Potential von künstlicher Intelligenz für kleine und mittelständige Unternehmen liegt aktuell in der Genauigkeit von Voraussagen. Mithilfe von Machine Learning können komplexe Daten und Strukturen so umfassend und schnell erkannt, bewertet und verbessert werden, wie es unser Gehirn nicht vermag. Eine Situation kann so unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren wesentlich genauer vorausgesagt werden als es unser „Bauchgefühl“ jemals könnte. Das kann z.B. nicht nur zur Früherkennung von Krankheiten oder beim autonomen Fahren eingesetzt werden. Auch z.B. in der Logistik wird Machine Learning eine entscheidende Rolle übernehmen, wenn es darum geht, uns unsere Online-Bestellungen kostengünstig, schnell und sicher zu liefern.
Auch Retouren lassen sich mittels Machine Learning vermeiden. Ein praktisches Beispiel hierfür liefert aktuell die japanische Modemarke Zozo, die inzwischen auch in Deutschland ihre „maßgeschneiderte“ Kleidung anbietet. Die Eigenmarke von Zozotown (ähnlich Zalando) verschickt derzeit an Kunden ihren sogenannten „Zozosuit“ – einen schwarzen Elastan-Anzug mit bis zu 400 weißen Punkten darauf. Kunden, die diesen Anzug anziehen, können sich über eben diese Punkte via App vermessen, woraufhin Zozo passgenau Basics wie Jeans und Shirts liefern kann. Smarte Sensoren und Machine Learning sollen dafür sorgen, dass Kunden im nächsten Jahr lediglich mit Größe, Gewicht und ein paar anderen Eckdaten Kleidung erhalten, die sitzt, als wäre sie maßgeschneidert. Auch Amazon hat den Trend bereits erkannt und kaufte mit Body Labs ein 3D-Body-Scanning-Startup, das virtuelle Anproben möglichen machen soll.
Ein bisschen konventioneller geht es bei der Personalisierung in Online-Shops zu. Hier werden Kundendaten genutzt, um z.B. passgenaue Empfehlungen im Shop oder Newsletter auszuspielen. Anstatt mich beispielsweise durch Marken durchzukämpfen, die ich nicht kaufen möchte, bekomme ich vorrangig das angezeigt, was ich bereits für gut befunden habe oder dazu passt. Spannend wird es auch im stationären Handel, wenn Machine Learning dort breitflächig zum Einsatz kommt. Ein denkbarer Einsatz wären z.B. personalisierte Empfehlungen und Rabatte via App. D.h. ich suche mir im Laden ein Produkt aus und bekomme automatisch ein Zusatzteil vorgeschlagen. Vielleicht sehen wir Ähnliches bereits, wenn Modehändler bonprix Anfang 2019 einen app-assistierten „Fashion Connect“-Store in Hamburg eröffnet. Mit Blue Yonder nutzt bonprix bereits künstliche Intelligenz zur Preissteuerung. KI so gar nicht in einem solchen Store zu nutzen, wäre nicht wirklich ein nennenswerter Fortschritt. Wir werden sehen...
Künstliche Intelligenz: Ein Muss für alle
Es tut sich was, in Deutschland. Doch es muss sich noch viel mehr tun. Während große Unternehmen bereits auf KI setzen, sind viele kleine und mittelständische Unternehmen noch nicht ausreichend vorbereitet. Dabei haben sie das enorme Potenzial bereits erkannt und könnten von immer mehr Startups wie parlamind (Kundenservice) profitieren, die den KI-Einstieg schon jetzt ermöglichen, während sich die hauseigene KI-Kernkompetenz noch im Aufbau befindet. Wer jetzt nicht handelt, verliert seine Kunden aus dem Blick – denn die wollen in ein paar Jahren auf KI-Services nicht mehr verzichten.
Autor: Sören Stamer (CoreMedia), Lableiter Künstliche Intelligenz der Fokusgruppe Digital Commerce im BVDW
Der Beitrag erschien im November bei PCWelt.de.