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Nächtliche Einigung in Brüssel zum Digital Services Act: BVDW sieht viel Licht, befürchtet aber auch weiterhin viel Schatten für die Digitalwirtschaft
Die mit dem DSA einhergehende Neufassung der Digitalgesetzgebung und die Anpassung der europäischen Rahmenbedingungen an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts ist dringend erforderlich und mehr als überfällig. Daher stellte die Digitale Wirtschaft von Anfang an hohe Erwartungen an den Digital Services Act. Angesichts der damit verbundenen Chancen hat der BVDW die EU-Institutionen seit der Veröffentlichung des ersten Vorschlages im Dezember 2020 kontinuierlich dazu aufgefordert, an einer praxistauglichen und widerspruchsfreien Gesetzgebung zu arbeiten, damit die gesteckten Ziele auch erreicht werden können. Die Einigung der EU-Institutionen in den heutigen Morgenstunden wurde daher auch von der Digitalwirtschaft mit Spannung erwartet.
Die Regelungen des DSA sollen für den überwiegenden Teil der Unternehmen der Digitalen Wirtschaft frühestens zum 01.01.2024 zur Anwendung kommen, den sogenannten „Very Large Online Platforms“ und „Very Large Search Engines“ werden nach ihrer offiziellen Einstufung vier Monate Übergangsfrist gewährt. Der Prozess dazu ist noch unklar. Dass insbesondere den kleineren und mittelgroßen Unternehmen genügend Zeit gegeben wird, die neuen Anforderungen des DSA im Sinne ihrer Nutzerinnen und Nutzer erfüllen zu können, ist aus Sicht des BVDW zu begrüßen.
Allerdings unterscheiden sich die ersten Pressemitteilungen der drei beteiligten EU-Institutionen aus Kommission, Rat und Parlament in ihren jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkten, so dass eine abschließende Bewertung der Einigung erst bei Vorliegen des finalen Gesetzestextes möglich scheint. Der BVDW sieht daher weiterhin die Gefahr, dass der DSA zu einer massiven Einschränkung für Unternehmen der digitalen Wirtschaft und einem Mehr an Rechtsunsicherheit führen könnte.
Der BVDW bewertet positiv, dass sich die EU-Institutionen im Rahmen des DSA auf einen zeitgemäßen und zukunftsfähigen Kompromiss in Bezug auf Kinder- und Jugendschutz geeinigt haben könnten. In der Mitteilung des Rates klingt an, dass ein Verbot datenbasierter Werbung im Hinblick auf Minderjährige nur gelten soll, wenn die Betreiber von Online-Plattformen positive Kenntnis davon haben, dass die Nutzung des Angebotes durch ein Kind oder einen Jugendlichen erfolgt. „Wenn tatsächlich auf die aktuelle Kenntnis der Online-Plattform abgestellt wird, wäre dies eine Regelung, die das gewünschte Ziel eines verbesserten Kinder- und Jugendschutzes bei gleichzeitiger Datenminimierung praktikabel erfüllen könnte. Unternehmen stünden dann nicht vor der Herausforderung, mit Risiken einschätzen zu müssen, wer vor dem Endgerät sitzt“, bewertet Dr. Moritz Holzgraefe, Vize-Präsident des BVDW. „Auch ein Verbot der Verarbeitung sensibler Daten sieht der BVDW grundsätzlich als richtig an, zumal dieses bereits in Artikel 9 (1) der DSGVO angelegt ist“, führt Holzgraefe weiter aus.
Es gibt aber auch noch weitere Themen, bei denen bisher völlige Unklarheit herrscht, wie die Einigung aussieht, beispielweise im Fall der sogenannten „Dark Patterns“. „Es scheint, dass die Bestimmungen zu ‚Dark Patterns‘ nur für Online-Plattformen gelten sollen und nicht generell für alle Unternehmen des Anwendungsbereichs des DSA. Sollte der Kompromiss jedoch viele der sehr restriktiven Bestimmungen des Parlaments enthalten, würde das der digitalen Wirtschaft massiv schaden. Das hätte eine rechtsunsichere Verquickung des DSA mit DSGVO und der noch zu finalisierenden ePrivacy-Verordnung zur Konsequenz“, kommentiert Thomas Duhr, Vizepräsident des BVDW, zum gegenwärtigen Kenntnisstand der Einigung.
Die Trilog-Einigung muss nun noch vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament formal verabschiedet werden. Sobald der endgültige Text des Kompromisses vorliegt, wird der BVDW eine weiterführende Einschätzung abgeben.
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