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Online-Handel: Geoblocking-Verordnung ab 3. Dezember 2018 anwendbar
Bereits am 23. März 2018 ist die neue europäische Geoblocking-Verordnung 2018/302[1] (GeoVO) in Kraft getreten. Nach neun Monaten Übergangszeit wird sie nun am 3. Dezember 2018 endgültig und in allen EU-Mitgliedsstaaten anwendbares Recht. Die Übergangsphase sollte insbesondere kleineren Händlern die Möglichkeit der Anpassung und Umstellung auf die neuen Vorgaben geben.
E-Commerce-Unternehmen, die sich bis jetzt noch nicht mit der Verordnung beschäftigt haben, sollten dies nun unbedingt tun.
Wozu die neue Verordnung?
Die GeoVO soll das Prinzip „shop like a local“ in der EU vorantreiben. Nach einer im Jahre 2015 von der EU-Kommission durchgeführten Markt-Konsultation forderten 92 Prozent der Verbraucher und 80 Prozent der Verbraucherverbände, dass Verbraucher und Unternehmen in der Lage sein sollten, überall in der EU Dienstleistungen zu erwerben und darauf zuzugreifen. Fast 90 Prozent der befragten Verbraucher erlebten beim Online-Einkauf in einem anderen EU-Land geoblockierte oder andere geografisch bedingte Einschränkungen.
Zwar sah bereits die Richtlinie über den digitalen Binnenmarkt (BiRiLi) aus dem Jahre 2006 (2006/123/EG) vor, dass Mitgliedsstaaten sicher stellen sollten, eine auf der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz von Dienstleistungsempfängern (Verbrauchern oder Unternehmen) beruhende Diskriminierung zu vermeiden, die durch allgemeine Bedingungen für den Zugang zu einer Dienstleistung entstehen können (Art. 20).
Da dies in der Vergangenheit nach Ansicht der EU-Kommission und nach Konsultation offenbar nicht in der europaweit erforderlichen Masse funktionierte, wurden die nun geltenden Geoblocking-Regelungen ersonnen. Die dafür erforderlichen Abstimmungen zwischen EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission hatten im Dezember 2017 zu dem endgültigen Text geführt (BVDW berichtete).
Die GeoVO zielt darauf ab, die in Art. 20 der BiRiLi aufgestellten Anforderungen weiter dahingehend zu präzisieren, Situationen festzuschreiben, in denen eine unterschiedliche Behandlung von Nutzern aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung nicht gerechtfertigt werden kann. Die GeoVO geht dann der BiRiLi vor.
Ob sich die neuen Regeln bewährt haben, soll die EU-Kommission innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten erstmals bewerten. Dabei soll insbesondere untersucht werden, wie sich die GeoVO auf bestimmte elektronisch erbrachte Dienstleistungen auswirkt, die urheberrechtlich geschützte Inhalte wie herunterladbare Musik, E-Books, Software und Online-Spiele anbieten sowie Dienstleistungen in den Bereichen Verkehr und Audiovisuelles.
Was genau regelt die neue Geoblocking-Verordnung?
Die Verordnung ist insbesondere für e-Commerce-Angebote relevant. Die GeoVO verbietet im Online-Geschäft neben dem bekannten Geoblocking (also ortsabhängige Zugriffsbeschränkungen) auch die Diskriminierung von Nutzern durch a) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder b) angebotene Zahlungsmethoden. Die GeoVO regelt allerdings nicht, wie der Versand der Waren ode Dienstleistungen an Kunden in andere Mitgliedsstaaten funktionieren soll. Die Verordnung soll lediglich den Zugang zu Angeboten erleichtern. Kunden haben also keinen Anspruch zu den gleichen Bedingungen beliefert zu werden, wie im Inland.
Nicht erfasst sind urheberrechtlich geschützte Inhalte, insbesondere audiovisuelle Medien wie Streaming-Angebote, Online-Spiele oder Software. Hier gilt seit dem 1. April 2018 bereits die neue Portabilitätsverordnung. Seitdem können Streaming-Angebote ohne zusätzliche Entgelte und ohne Geoblocking von jedem EU-Land aus genutzt werden. Dies ist vor allem relevant für die Nutzung kostenpflichtiger Angebote die Spotify, Netflix&Co während eines Aufenthaltes oder Urlaubes im EU-Ausland.
Ebenfalls ausgenommen sind die Bereiche Finanzen, Verkehr, Gesundheitswesen und Soziales. Hier gilt insoweit die Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) neben der GeoVO.
- Geoblocking (Art. 3 GeoVO)
Künftig ist es Online-Anbietern untersagt, den Zugang von Kunden Online-Benutzeroberflächen aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden durch technische Mittel oder auf anderem Wege zu sperren oder zu beschränken. Ebenso untersagt ist eine automatische Weiterleitung auf andere Webseiten bei denen Layout, Sprache oder andere Merkmale, durch die die Benutzeroberfläche speziell auf Kunden mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit oder einem bestimmten Wohnsitz oder Ort der Niederlassung zugeschnitten ist (nationale Webshops).
Dies gilt nur dann nicht, soweit der Kunde eingewilligt hat. Die Rückkehr und Nutzung der ursprünglich aufgerufenen Webseite muss ihm aber jederzeit weiter möglich bleiben. Außerdem dann, wenn es rechtlich erforderlich ist. Dies dem Kunden gegenüber zu erläutern und zwar in der Sprache des Online-Angebots, welches der Kunde ursprünglich aufgerufen hatte. Beim Erstaufruf eines spanischen Webshops also in Spanisch.
- Zugang zu Waren oder Dienstleistungen (Art. 4 GeoVO)
Verboten ist es künftig auch, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, die sich je nach Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Ort der Niederlassung des Kunden unterscheiden und dadurch unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen für Waren oder Dienstleistungen zu schaffen, es sei denn, es bestehen gesetzlich anderweitige Verpflichtungen des Händlers.
Das Verbot gilt dann, wenn der Kunde durch den Seitenaufruf anstrebt:
a) Waren von einem Anbieter zu kaufen, und diese Waren entweder an einen Ort in einem Mitgliedstaat geliefert werden, an den der Anbieter in den allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Zugang die Lieferung anbietet, oder wenn die Waren an einem zwischen dem Anbieter und dem Kunden vereinbarten Ort in einem Mitgliedstaat, für den der Anbieter in den allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Zugang eine solche Möglichkeit anbietet, abgeholt werden;
b) von dem Anbieter elektronisch erbrachte Dienstleistungen zu beziehen, deren Hauptmerkmal nicht die Bereitstellung des Zugangs zu urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen und deren Nutzung ist, einschließlich des Verkaufs von urheberrechtlich geschützten Werken oder immateriellen Schutzgegenständen;
c) andere als elektronisch erbrachte Dienstleistungen von einem Anbieter an einem physischen Standort im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, in dem der Anbieter tätig ist, zu erhalten
- Diskriminierung durch akzeptierte Zahlungsmethoden
Die von einem Online-Shop akzeptierten Zahlungsmethoden müssen künftig die gleichen Kriterien erfüllen. Es ist nach der GeoVO verboten, Zahlungsmethoden auf bestimmte Nutzergruppen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden, des Standorts des Zahlungskontos, des Ortes der Niederlassung des Zahlungsdienstleisters oder des Ausstellungsorts des Zahlungsinstruments innerhalb der Union zu beschränken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn
a) der Zahlungsvorgang über eine elektronische Transaktion durch Überweisung, Lastschrift oder ein kartengebundenes Zahlungsinstrument innerhalb derselben Zahlungsmarke und Zahlungskategorie erfolgt
b) die Authentifizierungsanforderungen gemäß der Richtlinie (EU) 2015/2366 erfüllt sind
c) die Zahlungsvorgänge in einer Währung erfolgen, die der Anbieter akzeptiert.
Der Verkäufer hat allerdings ein Zurückbehaltungsrecht an den Waren oder Dienstleistungen, bis er – je nach Zahlungsmethode – eine Bestätigung erhalten hat, dass auch tatsächlich bezahlt wurde. Ebenso können die regelmäßigen Entgelte auf bestimmte kartengebundene Zahlweisen verlangt werden. Diese dürfen allerdings nicht zu einem Gewinn beim Online-Händler führen, sondern dürfen nur die Kosten abdecken, die diesem aufgrund des Angebots der Zahlungsmethode tatsächlich entstehen.
An wen richtet sich die Verordnung?
Die GeoVO richtet sich an alle Online-Händler, die grenzüberschreitend tätig sind. Nich erfasst sind Privatverkäufer. Anbieter sind nach Artikel 2 Nr. 18 GeoVO nur solche, die für die Zwecke ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit tätig sind. Sie gilt dabei für alle Vertriebskonstellationen, in denen Endabnehmer involviert sind. Wie geschrieben sind davon nicht nur Privatpersonen sondern auch Unternehmen erfasst, soweit sie als Endabnehmer einer Ware oder Dienstleistung auftreten, diese also nicht zum Zwecke des Weiterverkaufs erwerben. Erfasst sind außerdem nur grenzüberschreitende Geschäfte innerhalb der EU mit den oben genannten Ausnahmen für bestimmte Bereiche (Finanzdienste, audiovisuelle Dienste etc.). Bietet ein Unternehmen also Online-Shops in verschiedenen Märkten der EU an, gelten die Vorgaben für diese.
Was tun und was droht bei Verstoß?
Zunächst müssen alle Online-Händler dafür sorgen, dass es keine Zugriffsbeschränkungen für ihre in verschiedenen Ländern der EU angebotenen Online-Shops gibt. Sie sollten darüber hinaus noch einmal ihre AGBs und Zahlungsmethoden darauf hin überprüfen, ob diese Bedingungen enthalten, die den oben genannten Kriterien zuwider laufen.
Überwacht wird die Einhaltung der GeoVO künftig von der Bundesnetzagentur. Dafür wurde jüngst das Telekommunikationsgesetz (TKG) entsprechend geändert. Bei Verstößen handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten, die künftig mit Geldbußen bis 300.000 EUR geahndet werden können (§ 149 Abs. 2 TKG).
Der BVDW beschäftigt sich mit diesen und anderen Händlerthemen im Rahmen seiner Fokusgruppe Digital Commerce.
[1] VERORDNUNG (EU) 2018/302 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG