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Weißbuch Digitale Plattformen: Sinnvoller ordnungspolitischer Vorstoß mündet in lähmender Bürokratie
Das Bundeswirtschaftsministerium unter Führung von Ministerin Brigitte Zypries stellte am 20. März sein Weißbuch Digitale Plattformen vor. Matthias Wahl, Präsident des BVDW, begrüßt die Initiative im Grundsatz: „Frau Zypries Bekenntnis zur Entwicklung der Industrie 4.0 ist die richtige Strategie und ein wichtiger Beitrag zur ordnungspolitischen Debatte. Im Ergebnis führt das Weißbuch aber zu mehr Bürokratie für deutsche Unternehmen und lähmt die Entwicklung der Wirtschaft. Das Ziel, ein Level-Playing-Field zu schaffen, ist redundant, da es das auf EU-Ebene schon längst gibt.“ Der BVDW hatte sich in den vergangenen anderthalb Jahren an der Entwicklung des vorangegangenen Grünbuchs sowie am Weißbuch beteiligt.
Unumstritten ist aus Sicht von Matthias Wahl die Notwendigkeit eines Diskurses über den ordnungspolitischen Rahmen der Internetwirtschaft. Hier habe das Weißbuch einen wertvollen Beitrag geleistet, so der BVDW-Präsident: „Wir freuen uns sehr, dass die Bundesregierung der Digitalwirtschaft und ihren Auswirkungen auf die klassische Industrie zunehmend Rechnung trägt. Es wäre aber wünschenswert, wenn hier mehr neue Vorschläge kämen, die nicht bereits auf anderer Ebene umgesetzt sind.“ Auch das Stärken deutscher Unternehmen gegenüber dem internationalen Wettbewerb sei jedoch begrüßenswert und klare Positionen und Regelungen hinsichtlich Kartellen und Datenschutz dafür entscheidend.
Letztere, so Wahl, gebe es aber schon hinreichend auf EU-Ebene, hier wurde bereits seit 2015 mit hoher politischer Priorität gearbeitet. „Von einem Laissez-faire-Gedanken, wie ihn das Bundeswirtschaftsministerium unterstellt, kann also nicht die Rede sein“, betont der BVDW-Präsident. Mit der Datenschutz-Grundverordnung wurde im April 2016 eine Verordnung verabschiedet, die die von Frau Zypries angedachten Anpassungen im Datenschutz bereits in geltendes Recht überführt. Von der Frage der Datenportabilität über den Rahmen der Datenspeicherung und -Verwertung. „Diesem sind auch US-Unternehmen schon nach dem Marktortprinzip unterworfen“, erläutert Wahl. „Was weder die EU noch die Bundesregierung definieren kann, ist, wie mit den Daten deutscher Nutzer in Übersee umgegangen wird. Hier haben wir noch eine chaotische Anarchie.“
„Weitere Bürokratie und lähmende Komplexität“
Kritisch sieht der Bundesverband Digitale Wirtschaft aus diesem Grund auch die Einführung einer Digitalagentur als gesonderter Instanz: „Aktuell arbeiten auf nationaler Ebene verschiedenste Ressorts an Aspekten der Digitalpolitik. Die Folge ist ein fehlendes ganzheitliches Konzept für die Wirtschaft der Zukunft. Eine Digitalagentur bringt nur weitere Bürokratie und lähmende Komplexität. Wirklich zielführend wäre hingegen die Bündelung der Kompetenzen für die Digitalwirtschaft in der Hand eines Digitalministers.“
Symptomatisch für die Ressortproblematik ist laut BVDW-Präsident Matthias Wahl auch, dass im vorliegenden Weißbuch einmal mehr die wettbewerbliche Relevanz einer zeitgemäßen Netzinfrastruktur unberücksichtigt bleibt. „Wir verändern hier die Spielregeln für die gesamte Liga auch deshalb, weil unsere Ausstattung auf Bolzplatzniveau ist. Das ist peinlich. Wir brauchen endlich den politischen Willen der Bundesregierung, den Breitbandausbau entscheidend zu forcieren. Genau deswegen ist Deutschland beim EU-Digitalisierungsindex um zwei Positionen auf Platz elf zurückgefallen.“