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BGH zu Prüfpflichten bei WLAN-Nutzung
Der BGH hat am 24.November 2016 (BGH, I ZR 220/15) erneut zu Fragen der Störerhaftung eines Internet-Anschlussinhabers bei illegalem Download urheberrechtlich geschützter Werke entschieden. Konkret ging es um die Frage, was der Anschlussinhaber tun muss um zu verhindern, dass unberechtigte Dritte Zugriff auf sein Netz haben. Das Institut der Störerhaftung stellt der BGH damit allerdings nicht in Frage.
Im zugrundeliegenden Fall ein unbekannter Dritter von einem fremden Internetanschluss, zu dem er sich Zugang verschafft hatte, in einer Internet-Tauschbörse eine Datei mit einem geschützten Film zum Download an. Die Inhaberin des Anschlusses wurde daraufhin als Störerin seitens des Rechteinhabers in Anspruch genommen. Als Störer wird die Person bezeichnet, welche die Rechtsverletzung zwar nicht selbst begangen, jedoch adäquat kausal zur Rechtverletzung beigetragen hat. Der Anschlussinhaber trägt die Darlegungslast dafür, dass er selbst keine Rechtsverletzung begangen hat. Im Verfahren hatte die Anschlussinhaberin dies beweisen können.
Prüfpflichten des Anschlussinhabers
Im Prozess ging es dann um die Frage, ob und was beim Betrieb von WLAN getan werden muss, um Rechtverletzungen durch Dritte auszuschließen. Der BGH hatte bereits im Jahre 2010 festgestellt, dass der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschlusses adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen ist, die unbekannte Dritte unter Einsatz dieses Anschlusses begehen. Privaten Anschlussinhabern obliegen daher Prüfungspflichten, deren Verletzung zu einer Störerhaftung führt. Welche konkreten Maßnahmen zumutbar sind, bestimmt sich auch für eine Privatperson allerdings zunächst nach den jeweiligen technischen Möglichkeiten.
Im zu entscheidenden Fall war der WLAN-Router werkseitig mit einer aus 16 Ziffern bestehenden, auf der Rückseite des Routers aufgedruckten WPA2-Verschlüsselung versehen, die die Inhaberin des Anschlusses nicht geändert hatte. Es hatte sich nicht feststellen lassen, dass der Router der Beklagten nicht mit einem vom Hersteller individuell für dieses Gerät vergebenen Schlüssel gesichert gewesen sei. Mit einer solchen Verschlüsselung sei den Sicherungspflichten des Abschlussinhabers nach Ansicht der Richter aber Genüge getan.
Ohne Anhaltspunkte keine Pflicht zur Passwort-Änderung
Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Sicherheitslücke sei die Beklagte nicht zur vorsorglichen Änderung des werkseitig vergebenen Schlüssels verpflichtet gewesen. Dieses Ergebnis ist wenig überraschend. Denn bereits im Jahre 2010 hatte der BGH mit Blick auf die Zumutbarkeit darauf hingewiesen, dass es private Verwender der WLAN-Technologie unzumutbar belasten würde und es damit unverhältnismäßig wäre, wenn ihnen zur Pflicht gemacht würde, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfungspflicht im Hinblick auf die unbefugte Nutzung eines WLAN-Routers konkretisiert sich dahin, dass jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen sind. Diese Bedingungen waren hier erfüllt.
Keine Belehrungspficht bei volljährigen Mitnutzern
Bereits im Mai dieses Jahres hatte sich der BGH mit Belehrungspflichten des Anschlussinhabers gegenüber anderen WLAN-Nutzern auseinandergesetzt und eingeschränkt. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses sind solche Belehrungspflichten ebensowenig zumutbar. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft daher keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht.
Fazit
Der BGH nimmt mit der Entscheidung weitere, sachgerechte Beschränkungen der dem Anschlussinhaber obliegenden Pflichten vor. Die Störerhaftung selbst bleibt aber vorerst erhalten. Zwar hatte der EuGH im September 2016 entschieden, dass Betreiber offener WLANs zwar nicht dafür haften, wenn Dritte über diesen Zugang Rechtsverletzungen begehen. Abmahn- oder Gerichtskosten können indes dann verlangt werden, wenn ein Unterlassungsanspruch besteht, weil der Betreiber keine User-Accounts und Passwörter vergibt, um Rechtsverletzungen vorzubeugen. Das Urteil war ein Rückschritt mit Blick auf die Ermöglichung offener WLANs.
Am 27.Juli 2016 waren nach langen Diskussionen allerdings auch Änderungen im Telemediengesetz in Kraft getreten, welche Betreiber vor allem öffentlich zugänglicher WLANs mehr Rechtssicherheit geben sollten. Die Vorschläge waren nicht frei von Kritik (siehe Stellungnahme des BVDW). Zwar sehen die neuen Regelungen vor, dass Ansprüche auf Schadenersatz ausgeschlossen sein sollen. An der grundsätzlichen Möglichkeit der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen ändert sich jedoch auch hier nichts. Für vollständige Rechtssicherheit hätte hier der - nicht vorgenommene - Ausschluss der Unterlassenshaftung gesorgt. Das Urteil des EuGH hätte dem nicht entgegen gestanden.