Medienstaatsvertrag
Der nun im Entwurf feststehende neue Medienstaatsvertrag wird einige Änderungen gegenüber dem alten Rundfunkstaatsvertrag mit sich bringen. Hier werden die wichtigsten Änderungen im Überblick dargestellt.
Entstehungsprozess
Doch zuerst ein kurzer Überblick zum Zustandekommen des Medienstaatsvertrages. Bereits im Frühsommer 2018 begannen auf Länderebene die Ausarbeitung eines Entwurfs für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag. Ein Anlass dafür waren unter anderem die weit fortgeschrittenen Trilogverhandlungen zur neuen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD) auf der EU-Ebene, die diesen Policy-Bereich neu regulieren sollte. Noch bevor die Richtlinie im November 2018 offiziell in Kraft getreten war, hatten die Länder unter der Federführung von Rheinland-Pfalz einen ersten Entwurf veröffentlicht und diesen in einer ersten öffentlichen Online-Konsultation mit Stakeholdern und Bürgern diskutiert. Nachdem die AVMD-Richtlinie am 26. November 2018 in Kraft getreten war, überarbeiteten die Länder den Entwurf auf deren Grundlage und anhand des Feedbacks aus der Online-Konsultation nochmal und führten im Sommer 2019 eine zweite Online-Konsultation zum neu verfassten zweiten Entwurf durch. Nach der Auswertung der zweiten Konsultationsphase wurde der Entwurf des Medienstaatsvertrag am 5. Dezember 2019 von den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder angenommen. Anschließend wurde der Entwurf an die EU-Kommission gesandt, damit er dort auf die Vereinbarkeit mit EU-Recht geprüft werden kann. Damit der Medienstaatsvertrag pünktlich zu der durch die AVMD-Richtlinie vorgeschriebenen Frist am 19. September 2020 in Kraft treten kann, müssen nun die Landesparlamente den Entwurf im Laufe des Frühjahrs jeweils ratifizieren.
Bisher galt der Rundfunkstaatsvertrag lediglich für Fernsehen und Radio, doch seit seinem Inkrafttreten 1991 kamen vor allem Angebote im Internet hinzu, die nun ebenfalls unter behördliche Kontrolle fallen sollen. Im Folgenden haben wir eine Übersicht über die wichtigsten Neuerungen zusammengestellt.
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Ein Punkt, der im letzten Jahr viel Aufmerksamkeit erhalten hatte war die Frage, ob so genannte Streamer und YouTuber eine Rundfunklizenz benötigen. Die Rechtslage war hier unklar und so wurden Streamer unterschiedlich behandelt. Der neue Medienstaatsvertrag möchte hier Klarheit schaffen. So sieht er grundsätzlich vor, dass nur bundesweit ausgerichteter Rundfunk eine behördliche Zulassung benötigt. Als ersten Punkt wurde eine Definition des Sendeplans neu eingefügt, denn um Rundfunk zu betreiben muss das Programm nach einem Sendeplan aufgestellt sein (§2 Abs. 2 Satz 1). Dabei hatten viele Streamer und YouTuber in der Vergangenheit argumentiert, dass sie keinen Sendeplan hätten, sondern sich jederzeit etwas ändern könnte. Die neue Definition besagt nun, dass eine Sendeplan schon dann vorliegt, wenn eine auf Dauer angelegte Sendung besteht, auf deren inhaltliche und zeitliche Abfolge lediglich der Veranstalter und nicht der Nutzer einen Einfluss hat. Nach dieser ersten Bestimmung schränkt der neue Medienstaatsvertrag aber auch die erfassten Anbieter ein und schafft damit die angestrebte Klarheit. Hierzu führt der Vorschlag einen Grenzwert ein, der überschritten werden muss, damit es sich um einen bundesweit ausgerichteten Rundfunk handelt. Dieser Grenzwert liegt bei einem Schnitt von 20.000 Zuschauern über einen Zeitraum von sechs Monaten (§54 Abs. 1). Wer unter dieser Marke bleibt, kann sich von den Landesmedienanstalten die Zulassungsfreiheit mit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung bestätigen lassen. Die Landesmedienanstalten sind außerdem angehalten genauerer Regelungen zur Zulassungsfreiheit, z. B. wer grundsätzlich der Zulassungsfreiheit unterliegt, in ihren jeweiligen Satzungen festzulegen.
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Auch Internetangebote, die journalistisch-redaktionellen Charakter haben sind im Entwurf des Medienstaatsvertrages berücksichtigt. So werden die meisten Grundsätze der analogen Pressearbeit auch auf die digitale Verbreitung von Nachrichten übertragen. So müssen auch Angebote im Internet anerkannte journalistische Grundsätze beachten (§ 6 Abs.1). Es muss damit einhergehend immer eine Prüfung von Nachrichten vor deren Veröffentlichung erfolgen und bei Umfragen muss in Zukunft immer klar gekennzeichnet werden, ob diese repräsentativ ist (§ 19 Abs. 1 u. Abs. 2). Außerdem müssen sie, ähnlich zu einem Verantwortlichen im Sinne des Presserechts, einen Verantwortlichen mit Angabe von Namen und Adresse benennen. Dieser muss u.a. volljährig und in Deutschland wohnhaft sein (§18 Abs. 2). So soll auch die Durchsetzung der Pressestandards für Internetangebote sichergestellt werden. Die Oberaufsicht sollen auch hier die Landesmedienanstalten haben. Für eine weitere Qualitätssicherung sieht der Entwurf vor, dass sich alle journalistisch-redaktionellen Internetangebote entweder dem Pressekodex des Deutschen Presserates unterwerfen, oder sich einer Selbstkontrolle durch anerkannte Einrichtung unterziehen (§ 19 Abs. 3).
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Mit den Medienintermediären nimmt der Entwurf eine weitere Gruppe von Anbietern neu auf. Mit Medienintermediären sind solche Anbieter gemeint, die journalistisch-redaktionelle Angebote von Dritten aggregieren, selektieren und anschließend allgemein zugänglich präsentieren (§2 Abs. 16). Damit gemeint sind vor allem Suchmaschinen, App-Stores, Sprachassistenten und Soziale Medien. Ausgenommen sind Anbieter, die in Deutschland über sechs Monate hinweg im Durchschnitt weniger als 1 Million Nutzer pro Monat haben oder aber Waren und Dienstleistungen von Dritten aggregieren, selektieren und präsentieren, also Internet-Shops (§ 91 Abs. 2). Die Anbieter in dem Scope müssen des Weiteren ihre Algorithmen, mit denen sie das Ausspielen der Inhalte steuern, den Nutzern in verständlicher Sprache erklären. Ein Offenlegen des Algorithmus ist hingegen nicht vorgesehen. Durch diesen Algorithmus oder andere Maßnahmen dürfen journalistisch-redaktionelle Medien nicht benachteiligt werden (§ 94 Abs. 1). Ein Verstoß gegen diesen Gleichberechtigungsgrundsatz kann allerdings nur der Anbieter des journalistisch-redaktionellen Inhalts bei den Landesmedienanstalten geltend machen. Vor allem Soziale Netzwerke müssen in Zukunft Bots mit einem leicht zu erkennenden Hinweis versehen, damit Nutzer von Bots erstellte Nachrichten schnell identifizieren können. Dies gilt sowohl für Posts, als auch für automatisierte Direktnachrichten. Abschließend müssen auch die Medienintermediären eine Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen. Dieser ist für die Landesmedienanstalten der Ansprechpartner, wenn es um die Durchsetzung von Ordnungswidrigkeitsverfahren geht.
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Ähnlich wie die Medienintermediären bieten auch Medienplattformen und personalisierte Benutzeroberflächen die Inhalte von Dritten an. Benutzeroberflächen sind hier auch als Smart-TVs zu verstehen. Auch diese Anbieter müssen in Zukunft sicherstellen, dass durch ihre Sortierung und Strukturierung keine Inhalte diskriminiert werden und sie müssen dem Kunden ermöglichen die Kriterien für die vorgenommene Sortierung, Anordnung und Präsentation der Inhalte nachzuvollziehen. Gegenüber den Landesmedienanstalten müssen die Anbieter die Zugangsvoraussetzungen für die Anbieter der Inhalte zu ihren Plattformen offenlegen, vor allem Kosten, und die Kriterien, nach denen Inhalte ausgewählt werden. Es ist nun auch verboten eine unterschiedliche Behandlung von Inhalten von öffentlich-rechtlichen Sendern und privaten Sendern vorzunehmen. So möchte der Gesetzgeber auch im Internet die Meinungsvielfalt schützen. Neu ist ebenfalls, dass das verwendete Signal nicht ohne Zustimmung des Anbieters mit Werbung überspielt werden darf.