Diese Unterseite bietet einen Gesamtüberblick über den sogenannten “Digital Services Act” (DSA). Die Darstellung enthält den Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, nennt die wesentlichen Regelungen sowie die betroffenen Akteure und zeigt die aktuellen Debatten auf.  Dazu gehören die voraussichtlich notwendigen Änderungen am deutschen Rechtsrahmen. 

Der aktuelle Stand der Inhalte ist der 1. Dezember 2022

Digital Services Act

1. Digital Services Act – Worum geht es?

Das Gesetz über digitale Dienste – der DSA – ist eine Verordnung der Europäischen Union. Der Act wurde durch eine Fülle von Konsultationen, Diskussionen und Abstimmungen begleitet. Dennoch ist es innerhalb von zwei Jahren gelungen, einen Vorschlag zu erarbeiten und diesen zu finalisieren – im Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union eine rekordverdächtige Zeitspanne.

Der Ausgangsgedanke für den DSA war die Anpassung der inzwischen über 20 Jahre alten
 E-Commerce-Richtlinie der EU. Aufgrund der vielen technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in der digitalen Welt galt sie nicht mehr als zeitgemäß. Gleichzeitig wollte Brüssel Inhalte im Netz bekämpfen, die in den Diskussionen als „illegal“ oder gefährlich umschrieben wurden.

Zusammen mit dem DSA wurde auch der Digital Markets Act (DMA) vorgelegt. Der Grundgedanke der Schwesterverordnung war, fairen Wettbewerb in der EU im Digitalen sicherzustellen. Für die EU bedeutete dieses 2020 vorgelegte Paket ein Leuchtturmprojekt zur Verbesserung des Regulierungsrahmens im digitalen Binnenmarkt.

Für beide Vorhaben sollten laut EU-Kommission verhältnismäßige Regelungen gefunden werden, die zu einem sicheren, berechenbaren und vertrauenswürdigen Online-Umfeld beitragen. Darüber hinaus wurde auf ein erhöhtes Maß an Innovation, Wachstum sowie Wettbewerbsfähigkeit abgezielt, um auch die Expansion kleinerer Plattformen sowie Klein- und Mittelständiger Unternehmen (KMU) und Start-Ups im EU-Binnenmarkt zu fördern.

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2. Wesentliche Inhalte der Verordnung im Überblick

Der DSA strebt einen umfassenden Regulierungsrahmen an und nimmt damit Problemfelder wie illegale Inhalte, Verbraucherschutz und Transparenz ins Visier. Einen Gesamtüberblick über die wesentlichen Inhalte des Gesetzes zeigt die folgende Liste. Den entsprechenden Anwendungsbereich, samt betroffener Akteure, findet sich im nächsten Abschnitt.

  • Haftungsprivileg bleibt grundsätzlich bestehen
    • Der DSA spiegelt die Haftungsbestimmungen der E-Commerce-Richtlinie wider und nutzt sie als Ausgangspunkt für die Festlegung von Verfahren zur Meldung und unverzüglichen Entfernung illegaler Inhalte.
    • Die Haftungsausschlüsse sind nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil ein Anbieter von Vermittlungsdiensten freiwillig Maßnahmen zur Entfernung oder Identifizierung illegaler Inhalte ergriffen hat.
  • Harmonisiertes „Melde- und Abhilfeverfahren“ wird festgelegt
    • Bei Meldungen illegaler Inhalte müssen Hosting-Dienste, sobald sie tatsächliche Kenntnis davon haben, reagieren. Es muss ein entsprechender Mechanismus eingerichtet werden, der es erlaubt, solche Meldungen vorzunehmen. Im DSA wird festgelegt, welche Elemente ein solcher Mechanismus benötigt und wann eine solche „tatsächliche Kenntnis“ gegeben ist. Beispielsweise ist von einer „tatsächlichen Kenntnis“ auszugehen, wenn die Meldung es einem sorgfältig handelnden Anbieter ermöglicht, ohne eingehende rechtliche Prüfung festzustellen, dass die einschlägige Tätigkeit oder Information rechtswidrig ist.
    • „illegale Inhalte“ werden als alle Informationen gesehen, die als solche oder durch ihre Bezugnahme auf eine Tätigkeit, einschließlich des Verkaufs von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen, nicht im Einklang mit dem Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedstaats stehen.
    • Es wird zudem die Zusammenarbeit mit „vertrauenswürdigen Hinweisgebern“ eingeführt.
  • Schutzvorkehrungen für Nutzende
    • Für die Nutzenden (auch Business-User (jede natürliche und juristische Person)) soll die Möglichkeit bestehen, Entscheidungen von Online-Plattformen über die Moderation, also bspw. die Sperrung oder Löschung von Inhalten, anzufechten. Online-Plattformen müssen einen entsprechenden Beschwerdemechanismus einrichten und sollen ihre Entscheidungen im Umgang mit moderierten Inhalten erklären müssen.
    • Ausgenommen sind hiervon Kleinst- und Kleinunternehmen
  • Bekämpfung illegaler Waren
    • Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses ist das Thema illegaler Waren in den Fokus gerückt. Es geht dabei beispielsweise um die Rückverfolgbarkeit gewerblicher Nutzer sowie das Aufspüren von Verkäufern illegaler Waren.
    • Darüber hinaus sollen beispielsweise stichprobenartige Überprüfungen auf Online-Marktplätzen vorgenommen werden, um illegale Produkte oder Dienste herauszufiltern.
  • Forschungsinteresse:
    • Zugriff auf die Kerndaten sehr großer Online-Plattformen und Suchmaschinen: Bislang war die Forschung mit den Daten der sehr großen Online-Plattformen äußerst schwierig bis unmöglich. Mit dem DSA sollen Forschende einen Antrag auf die Bereitstellung der Daten für Forschungsarbeiten stellen können. Dem Antrag muss nur stattgegeben werden, wenn dieser hinreichend begründet war und von zugelassenen Forschern beantragt wurde. Die Zulassung erfolgt über eine Behörde im Mitgliedstaat.
    • Den Gesetzgebern geht es in erster Linie um Forschung zu Online-Risiken.
  • Regelungen im Bereich Online-Advertising
    • Die Transparenz im Bereich Online-Advertising wird erhöht. Online-Plattformen müssen bei Werbeausspielungen unmissverständlich, eindeutig und prägnant in Echtzeit für jede Werbung folgende Informationen darstellen:
      • dass es sich um Werbung handelt
      • in wessen Auftrag die Werbung gezeigt wird und wer diese bezahlt hat, sofern dies nicht die gleiche Person ist.
      • aussagekräftige Informationen über die wichtigsten Parameter, warum die Werbung der Person präsentiert wird und ggf. wie diese Parameter geändert werden könnten.
    • Datengetriebene Werbung im Sinne des Artikel 4 (4) der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist verboten. Darunter fallen sensible Daten im Sinne des Artikel 9 (1) der Datenschutzgrundverordnung, wie ethnische Zugehörigkeit, politische Ansichten oder sexuelle Ausrichtung.
    • Auch der Jugendschutz wird im DSA aufgenommen. Anbieter von Online-Plattformen dürfen demnach keine Werbung präsentieren, die auf Profiling im Sinne von Artikel 4 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 beruht und personenbezogene Daten des Empfängers des Dienstes verwendet, wenn ihnen mit hinreichender Sicherheit bekannt ist, dass der Empfänger des Dienstes minderjährig ist.
    • Mit dem Artikel zur „Gestaltung und Organisation der Online-Schnittstelle“ wurde etwas gänzlich Neues aufgenommen – die Behandlung der sogenannten „Dark Patterns“. Anbieter von Online-Plattformen dürfen ihre Online-Schnittstellen nicht so konzipieren, organisieren oder betreiben, dass Nutzende getäuscht, manipuliert oder anderweitig in ihrer Fähigkeit maßgeblich beeinträchtigt oder behindert werden, um freie und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Dieses Verbot gilt nicht für Mechaniken, die unter die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken oder die Datenschutzgrundverordnung fallen – und auch schon vorher untersagt waren. Die EU-Kommission bekommt zudem die Möglichkeit Leitlinien zu dem Thema zu erarbeiten.
  • Verhaltenskodizes
    • Der DSA legt fest, dass zur Einhaltung der Regelungen, verschiedene freiwillige Verhaltenskodizes von der Kommission erarbeitet werden können. Dazu gehört auch ein Verhaltenskodex zum Thema Online-Advertising.

Mit dem Abstellen auf die hinreichende Kenntnis der Online-Plattform handelt es sich um eine Regelung, die das gewünschte Ziel eines verbesserten Kinder- und Jugendschutzes bei gleichzeitiger Datenminimierung praktikabel erfüllen kann. Unternehmen stehen dann nicht, wie zeitweise befürchtet, vor der Herausforderung, mit Risiken einschätzen zu müssen, wer vor dem Endgerät sitzt.“

-  Dr. Moritz Holzgraefe, BVDW-Vizepräsident

3. Anwendungsbereich & Anforderungen

Der DSA strebt ein abgestuftes Regulierungssystem an, damit der Diversität der betroffenen Akteure der digitalen Wirtschaft Rechnung getragen werden kann. Grundlegend gelten die Basisregeln der Verordnung für alle Vermittlungsdienste („Intermediary Services“), die Nutzenden mit Niederlassungsort oder Sitz in der Union angeboten werden. Der Ort des Anbieters oder dessen Niederlassungen spielen dabei keine Rolle.

Wir geben in den nächsten Abschnitten einen Überblick über die verschiedenen Kategorien an betroffenen Unternehmen und deren zu erfüllenden Anforderungen.

  • Die Kategorie der „Intermediary services“, oder auf Deutsch „Vermittlungsdienste“, werden im DSA in drei Kategorien definiert. Sie umfassen ein breites Spektrum an wirtschaftlichen Tätigkeiten:

    1. „reine Durchleitung“: Die Aufgabe eines solchen Dienstes besteht darin, von einem Nutzenden bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln:
      • Beispiele:  Internet-Austauschknoten, drahtlose Zugangspunkte, virtuelle private Netze, DNS-Dienste und DNS-Resolver, Dienste von Namenregistern der Domäne oberster Stufe, Registrierungsstellen bzw. Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen, Internet-Sprachtelefonie (VoIP) und andere interpersonelle Kommunikationsdienste;
         
    2. „Caching“-Leistung: Die Aufgabe eines solchen Dienstes besteht darin, von einem Nutzenden bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln. Hierbei erfolgt eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung dieser Informationen. Der alleinige Zweck ist die Übermittlung der Information an andere Nutzende auf deren Anfrage effizienter zu gestalten.
      • Beispiele: Das Betreiben von Netzen zur Bereitstellung von Inhalten oder Reverse-Proxys oder Proxys zur Anpassung von Inhalten. Solche Dienste sind von entscheidender Bedeutung für die Sicherstellung einer reibungslosen und effizienten Übertragung der über das Internet bereitgestellten Informationen.
         
    3. „Hosting“-Leistung: Die Aufgabe besteht darin, von einem Nutzenden bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag zu speichern.
      • Beispiele: Cloud-Computing-Dienste, Web-Hosting-Dienste, entgeltliche Referenzierungsdienste oder Dienste, die den Online-Austausch von Informationen und Inhalten ermöglichen – darunter die Speicherung und den Austausch von Dateien.

     

    Ob es sich bei einem bestimmten Dienst um eine „reine Durchleitung“, eine „Caching-Leistung“ oder um einen „Hosting-Dienst“ handelt, hängt ausschließlich von den technischen Funktionen ab, die sich möglicherweise im Laufe der Zeit ändern. Insofern sollte von Fall zu Fall geprüft werden.

    Auf diese Vermittlungsdienste kommen vor allem folgende neue Anforderungen des DSA zu:

    • Ergreifen von bestimmten Maßnahmen aufgrund von Anordnungen zuständiger nationaler Justiz- oder Verwaltungsbehörden in Bezug auf illegale Inhalte
    • Nachkommen einer Auskunftsanordnung zuständiger nationaler Justiz- oder Verwaltungsbehörden
    • Einrichtung einer zentralen Kontaktstelle für Behörden
    • Einrichtung eines „Single Point of Contact“ für Nutzende
    • Benennung eines Rechtsvertreters, falls das Unternehmen keine Niederlassung in der EU hat
    • Diverse Anpassungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Unternehmen
    • Regelmäßige und öffentlich zugängliche Transparenzberichtspflichten (mind. 1x im Jahr) über die vorgenommene Moderation von Inhalten im Rahmen ihrer Dienste.
  • Hosting-Diensteanbieter (inkl. Online-Plattformen) sind bereits oben als eigene Kategorie näher beschrieben. Für sie gelten noch weitere Anforderungen in Bezug auf die Moderation von Inhalten:

    • Einrichtung eines „Melde- und Abhilfeverfahrens“. Dies ermöglicht Personen und Einrichtungen Inhalte dem Unternehmen zu melden, wenn sie der Ansicht sind, dass es sich um illegale Inhalte handelt. Das Verfahren muss leicht zugänglich und benutzerfreundlich sein und eine Übermittlung von Meldungen soll ausschließlich auf elektronischem Weg ermöglicht werden.
    • Entscheidungen der Löschung oder Sperrung von Inhalten auf Basis einer solchen Meldung müssen den betroffenen Nutzenden vom Unternehmen begründet werden.
    • Ein Verdacht auf Straftaten muss den Behörden gemeldet werden.

     

    Online-Plattformen gelten im Rahmen des DSA als Unterkategorie der „Hosting-Diensteanbieter“ und werden in einem gesonderten Kapitel des DSA mit weiteren Anforderungen bedacht.

    Laut DSA ist eine „Online-Plattform“:

    […] ein Hosting-Diensteanbieter, der im Auftrag eines Nutzers Informationen speichert und öffentlich verbreitet, sofern es sich bei dieser Tätigkeit nicht nur um eine unbedeutende Funktion oder eine mit einem anderen Dienst oder einer anderen unbedeutenden Funktion des Hauptdienstes verbundene reine Nebenfunktion handelt, die aus objektiven und technischen Gründen nicht ohne diesen anderen Dienst genutzt werden kann, und sofern die Integration der Funktion der Nebenfunktion oder der unbedeutenden Funktion in den anderen Dienst nicht dazu dient, die Anwendbarkeit dieser Verordnung zu umgehen.

    Ein Kommentarbereich einer Online-Zeitung könnte zum Beispiel eine solche untergeordnete Funktion darstellen, die eindeutig eine Nebenfunktion des Hauptdienstes ist, nämlich der Veröffentlichung von Nachrichten unter der redaktionellen Verantwortung des Verlegers. Dagegen sollte die Speicherung von Kommentaren in einem sozialen Netzwerk als Online-Plattformdienst betrachtet werden, wenn klar ist, dass es sich um ein nicht unwesentliches Merkmal des angebotenen Dienstes handelt, auch wenn es eine Nebenleistung zur Veröffentlichung der Beiträge der Nutzenden ist.

    Online-Plattformen müssen die allgemeinen Regelungen des DSA für Vermittlungsdienste und Hosting-Dienste erfüllen, haben aber auch noch spezifische Regelungen:

    • Einrichtung eines internen Beschwerdemanagement-Systems für Nutzende
    • Ermöglichung außergerichtlicher Streitbeilegung
    • Ermöglichung der besonderen Meldung illegaler Inhalte durch „vertrauenswürdige Hinweisgeber“
    • Einrichtung von Maßnahmen zum Schutz vor missbräuchlicher Verwendung des Melde- und Abhilfeverfahrens
    • Erhöhte Anforderungen an die Transparenzberichtspflichten
    • Gestaltung und Organisation der Online-Schnittstelle
    • Erhöhte Transparenzbestimmungen bei der Ausspielung von Online-Werbung in Echtzeit
    • Erhöhte Transparenzanforderungen bei Empfehlungssystemen
    • Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger
  • Als nächste, gesonderte Kategorie werden die sogenannten “Very Large Online Platforms (VLOPs)” und “Very Large Online Search Engines (VLOSE)” mit weiteren Regelungen bedacht. Für diese sehr großen Online-Plattformen gelten strengere Regeln.

    Um als VLOP bzw. VLOSE eingestuft zu werden, muss eine Online-Plattform durchschnittlich mindestens 45 Millionen aktive Nutzende haben, die in der Europäischen Union niedergelassen sind bzw. sich dort aufhalten, oder mehr als 10.000 in der Union niedergelassene gewerbliche Nutzende aufweisen. Diese Zahl der 45 Millionen Nutzenden orientiert sich an der Bevölkerung der Europäischen Union (10%) und wird bei entsprechenden Schwankungen von über 5 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 angepasst. Die Grenze der Nutzeranzahl wird in Millionen auf- bzw. abgerundet.

    Die Einstufung als VLOP bzw. VLOSE erfolgt über die EU-Kommission. Unter Anhörung des Niederlassungsmitgliedstaats und auf Basis der übermittelten Informationen der Online-Plattform über die Nutzerzahlen wird der Beschluss gefasst. Die betroffene Online-Plattform hat danach die Gelegenheit, innerhalb von zehn Werktagen Stellung dazu zu beziehen, dass sie als VLOP bzw. VLOSE eingestuft wird. Eine Liste mit allen VLOPs bzw. VLOSE wird veröffentlicht.

    Die damit einhergehenden Extraverpflichtungen der betroffenen Online-Plattformen sind Folgende:

    • Risikobewertung: Sie müssen jährlich selbst die Gefahren bewerten, die ihre Online-Plattform für die Gesellschaft und demokratische Willensbildung darstellt. Die erkannten Gefahren sollen sie dann umgehend beseitigen.
    • Bei der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Gesundheit kann die EU-Kommission einen befristeten Krisenmodus aktivieren. Damit kann die Kommission für maximal drei Monate eine sofortige Risikoanalyse und Maßnahmen anordnen.
    • Mindestens einmal im Jahr muss eine unabhängige Prüfung stattfinden, ob bestimmte Pflichten und Verpflichtungszusagen erfüllt werden.
    • Empfehlungssysteme: Zusätzlich müssen VLOPs mindestens eine Option für jedes ihrer Empfehlungssysteme vorlegen, die nicht auf Profiling basieren.
    • Sie müssen zusätzliche Transparenzanforderungen in Bezug auf das Online-Advertising erfüllen.
    • Sie müssen Zugriff auf Daten und Algorithmen für die EU-Kommission sowie akkreditierten Wissenschaftler ermöglichen.
    • Sie müssen “Compliance Funktionen" einrichten, die von den operativen Funktionen unabhängig sind und über ausreichende Befugnisse verfügen.
    • Sie müssen erweiterte Transparenzberichterstattungen erfüllen (erster Bericht zwei Monate nach Einstufung und danach mindestens alle sechs Monate).
    • Die EU-Kommission erhebt von VLOPs eine jährliche Aufsichtsgebühr.
  • Online-Marktplätze fallen unter die Kategorie der Online-Plattformen und werden im DSA nicht weiter definiert. Es wird nur angegeben, dass es sich um Anbieter von Online-Plattformen handelt, auf denen Verbraucher Fernabsatzverträge mit Unternehmern abschließen können. Sie müssen die Anforderungen der Online-Plattformen erfüllen und zusätzlich werden noch weitere Regeln aufgestellt. Online-Marktplätzen wird eine besondere Sorgfaltspflicht gegenüber Händlern auferlegt. Betreibende von Online-Marktplätzen müssen bspw. alle Verkäuferinnen und Verkäufer identifizieren sowie Daten über verkaufte Produkte und Dienstleistungen erheben und stichprobenartig Datenbanken auf illegale Produkte abfragen. So soll verhindert werden, dass illegale Waren angeboten werden.

  • Es gibt zudem Ausnahmen für Kleinst- und Kleinunternehmen, welche nicht übermäßig mit dem finanziellen Druck der neuen Anforderungen belastet werden sollen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsmöglichkeit zu erhalten. So sind diese Unternehmen, darunter vor allem Start-ups, von einigen Anforderungen befreit. Auch wenn die Unternehmen größer werden und nicht mehr in die Kategorie fallen, bleiben die Ausnahmen noch ein Jahr lang weiter bestehen, es sei denn, sie sind eine VLOP geworden.

    Zu den Ausnahmen zählen:

    • Keine Verpflichtung zu vielen Transparenz- und Berichtspflichten
    • Keine Verpflichtung zur Bereitstellung eines Beschwerdemanagements.
  • Die Verpflichtungen sind in einem Stufensystem aufgebaut, je nachdem über welche Kategorie von Diensten gesprochen wird. Dies stellt den aktuellen Stand dar:

     

     

    Vermittlungs-dienste

    Hosting-Dienste

    Online-Plattformen

    VLOP und VLOSE

    Transparenzreporting

    Anforderungen an „terms of services“ unter Berücksichtigung der Grundrechte

    Zusammenarbeit mit nationalen Behörden nach Anordnungen

    Ansprechpartner und ggf. Rechtsvertreter

    Melde- und Abhilfeverfahren sowie Informationspflichten für Nutzer

     

    Meldung von Straftaten

     

    Beschwerde- und Rechtsbehelfsmechanismus und außergerichtliche Streitbeilegung

     

     

    „Trusted flaggers“

     

     

    Maßnahmen gegen missbräuchliche Meldungen sowie Gegendarstellungen

     

     

    Gestaltung und Organisation der Online-Schnittstelle

     

     

    Überprüfung der Berechtigung von Drittanbietern

     

     

    Transparenzanforderungen in Bezug auf Online-Advertising

     

     

    Risikomanagementpflichten und Compliance-Beauftragter

     

     

     

    Externe Risikoprüfung und öffentliche Rechenschaftspflicht

     

     

     

    Datenaustausch mit Behörden und Forschern

     

     

     

    Standards und Verhaltenskodexe

     

     

     

    Zusammenarbeit bei der Krisenbewältigung

     

     

     

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4. Welche Durchsetzungsstruktur wird geschaffen?

Um die Einhaltung der Regelungen sicherzustellen, werden im DSA eine komplexe Durchsetzungsstruktur sowie mögliche Sanktionen bei der Nichteinhaltung der Regeln festgelegt.

Die Aufsicht über die zahlreichen Regelungen soll bei den nationalen Behörden und der Europäischen Kommission liegen. Diese teilen sich die Aufsicht – grob nach Größe des zu beaufsichtigen Unternehmens. So übernimmt bspw. die EU-Kommission vorrangig VLOPs und VLOSEs. Dabei wird es ein Novum geben: Die EU-Kommission wird zum ersten Mal in ihrer Geschichte zur vollständigen Regulierungsbehörde. Operationell sollen sogenannte “Case-Teams" innerhalb der Generaldirektionen für Kommunikationsnetze und Wettbewerb die Aufsicht übernehmen. Alle anderen Unternehmen beaufsichtigt der jeweilige Mitgliedstaat selbst. Dazu muss jeder Mitgliedsstaat einen sogenannten „Digital Services Coordinator“ (DSC) benennen, der dann für die Aufsicht zuständig ist. Andere Behörden können dabei weiterhin unterstützen. Der DSC muss …

  • … seine Aufgaben unparteiisch, transparent und fristgerecht erfüllen.
  • … mit ausreichenden Mitteln (technisch, finanziell, personell) ausgestattet sein, um seine Aufgaben erfüllen zu können.
  • … ausreichende Autonomie bei der Verwaltung seines Haushaltes innerhalb der Gesamtgrenzen seines Haushaltsplans haben.

Der DSC hat dabei zwei große Aufgabenfelder:  

(1) Aufsicht und Durchsetzung sowie (2) Koordination und Kooperation.

Unter (1) fallen beispielsweise:

  • Bei VLOPs: Zuständig für die Aufsicht und Durchsetzung mancher Regeln, soweit die EU-Kommission nicht bereits aktiv geworden ist. Bei allen anderen Unternehmen in ihrem Hoheitsgebiet ist der DSC für die Aufsicht und Durchsetzung aller Regeln zuständig.
  • Zuständig für die Zulassung der Stellen für eine außergerichtliche Streitbeilegung.
  • Bemächtigt sogenannte “trusted flaggers”, also die Hinweisgebenden, zuzulassen, zu prüfen und ggf. deren Zulassung zu widerrufen.
  • Dient als Beschwerdestelle für Nutzende in der Europäischen Union.
  • Stellt – gemeinsam mit der EU-Kommission – die Größe von Onlineplattformen fest
  • Bei VLOPs: Vorabkontrolle von Forschenden, die Zugang zu Daten der VLOP beantragen.

Unter (2) fallen beispielsweise:

  • Funktion als zentraler Ansprechpartner zum DSA für die EU-Kommission.
  • Arbeitet grenzüberschreitend mit den anderen DSCs der EU-Mitgliedstaaten zusammen und kann mit den anderen DSCs gemeinsame Untersuchungen zu Unternehmen durchführen sowie Informationen austauschen.
  • Innerhalb des Mitgliedstaates ist der DSC für die Koordination aller zuständigen Behörden zur Durchsetzung des DSA zuständig.

Der DSC wird mit folgenden Untersuchungs- und Durchsetzungsbefugnissen ausgestattet:

Untersuchungsbefugnisse

Durchsetzungsbefugnisse

Aufforderung, dass Unternehmen Informationen liefern

Verbindliche Verpflichtungszusagen von Unternehmen einholen

Durchführung von Inspektionen bei Unternehmen

Unterlassung von Verstößen anordnen

Befragung von Mitarbeitenden

Verhängung von Buß- und Zwangsgeldern

 

Erlass einstweiliger Maßnahmen

 

Wo der DSC angesiedelt sein soll, ist bisher noch nicht final geklärt. Jedoch erklärte eine Sprecherin des BMDV: „ [wir] können [...] uns – unter Wahrung der vom DSA vorgeschriebenen Unabhängigkeit – eine bei der Bundesnetzagentur angesiedelte Stelle gut vorstellen“.

Bußgelder:

Bei Nichteinhaltung der DSA-Regelungen werden Bußgelder fällig. Diese werden von den jeweiligen Mitgliedsstaaten bzw. der EU-Kommission im Falle der VLOPs und VLOSEs festgelegt. Sie müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Der Höchstbetrag der Geldbußen für Verstöße gegen die Verordnung darf bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des betroffenen Anbieters von Vermittlungsdiensten im vergangenen Geschäftsjahr betragen. Bei Verstößen wie irreführender, unvollständiger oder unrichtiger Auskünfte oder der Nichtvornahme einer Nachprüfung kann die Strafe bis zu einem Prozent des jährlichen Jahreseinkommens oder des weltweiten Umsatzes des Anbieters des vergangenen Geschäftsjahres betragen.

Zwei Säulen der Aufsichtsstruktur zur Durchsetzung und Überwachung des DSA  (Vereinfachtes Schaubild des BVDW)

5. Wie wirkt sich der DSA auf den bereits existierenden nationalen Rechtsrahmen aus?

Da es sich beim DSA um eine Verordnung handelt, gilt diese automatisch in den Mitgliedstaaten und muss nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Dennoch arbeitet das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) derzeit an einem “Digitale Dienste Gesetz“, da einige bestehende nationalen Gesetze aufgrund des DSA angepasst werden müssen. In diesem Fall gilt das insbesondere für das 2017 von der Bundesregierung verabschiedete Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), aber auch für das Telemediengesetz (TMG) und eventuell das Jugendschutzgesetz (JuschG). Ob auch noch Änderungen im Medienstaatsvertrag und im Jugendschutzstaatsvertrag notwendig sind, wird sich zeigen. Dies liegt in der Kompetenz der Länder.

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Das Gesetz über digitale Dienste der Europäischen Union für mehr Sicherheit und Verantwortung im Online-Umfeld

Dies ist eine Übersicht erstellt vom Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Sie soll der digitalen Wirtschaft eine Einordnung der aktuellen Entwicklungen in Bezug auf den Digital Services Act geben. Die Inhalte wurden mit größter Sorgfalt erstellt, sie erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Inhalte dienen Informationszwecken und können keine individuelle rechtliche Beratung im Einzelfall ersetzen. Diese Seite wird als dynamisch angesehen und kontinuierlich weiterentwickelt.